Welt-Kaffee-Tag: Mit einem starken Lieferkettengesetz wäre das nicht passiert!

Deutsche Studie weist auf Schlupflöcher im Lieferkettengesetz hin: Vertriebene können ihre Rechte gegen Hamburger Kaffeekonzern Neumann nicht durchsetzen.

Foto: Aktivist*innen protestieren vor Zentrale des Hamburger Kaffeekonzerns (FIAN Deutschland)

Wien, 1. Oktober 2022 – Anlässlich des heutigen Welttages des Kaffees erinnert FIAN Österreich an die gewaltsamen Vertreibung von rund 4.000 Menschen in Uganda für die Kaweri Kaffeeplantage der Neumann Kaffee Gruppe. Der Fall, der sich im August bereits zum 21. Mal jährte, offenbart auch die Schwächen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, daher fordert die Menschenrechtsorganisation ein starkes Lieferkettengesetz für Europa und Österreich, welches deutliche Verbesserungen gegenüber dem EU-Entwurf und dem deutschen Gesetz bringen muss. FIAN Deutschland und Goliathwatch stellten im August 2022 eine Studie vor, welche die Schwächen der beiden Gesetzestexte belegt.

Vom 17. – 21. August 2001 hat die ugandische Armee die Bewohner*innen von vier Dörfern gewaltsam vertrieben, damit das ugandische Tochterunternehmen der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe dort eine Kaffeeplantage anlegen konnte. Die Vertriebenen wurden bis heute nicht entschädigt. Ihr Gerichtsverfahren gegen den ugandischen Staat und die Kaweri Coffee Plantation Ltd. dauert bereits 20 Jahre an.

Es liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers, einen effektiven Rechtsweg zu schaffen, über den die Opfer ihren wirtschaftlichen Schaden ersetzt bekommen. Dass die Betroffenen in Uganda 21 Jahre nach der Vertreibung immer noch nicht entschädigt worden sind und der deutsche Kaffeekonzern sich aus der Verantwortung stehlen kann, ist völlig inakzeptabel. Auch in einem gerichtlich angeordneten Mediationsverfahren in Uganda hat die Kaweri Coffee Plantation Ltd. kein Angebot zur Entschädigung gemacht. „Zur Vorbeugung solcher Menschenrechtsverletzungen und für den Schutz der Opfer braucht es ein wirksames Gesetz mit effektiven Klagemöglichkeiten,“ fordert Tina Wirnsberger, Referentin für kleinbäuerliche Rechte bei FIAN Österreich.

Die im August erschiene Studie „Mit einem starken Lieferkettengesetz wäre das so nicht passiert“ von Goliathwatch analysiert das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowie den Entwurf der EU. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein starkes Lieferkettengesetz die Vertreibung für die Kaweri Plantage wahrscheinlich verhindert hätte. Die Analyse zeigt auf, dass das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nur ein Startpunkt sein kann, weil es durch zu viele menschenrechtliche Lücken unzählige Opfer allein lässt. Selbst der stärkere Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission springt zu kurz, denn Klagemöglichkeiten ohne Beweiserleichterung für die Opfer machen den Rechtsschutz aussichtslos. Opfer von Menschenrechtsverletzungen brauchen einen Rechtsrahmen, der faire Bedingungen schafft, Soforthilfe und ein zeitnahes rechtskräftiges Urteil. Ein Gerichtsverfahren über 20 Jahre macht effektiven Rechtsschutz unmöglich.

Die österreichische Regierung muss die Gelegenheit nutzen und Lehren aus den offensichtlichen Schwächen des deutschen Lieferkettengesetzes ziehen. Sie ist nun gefordert, sich auf EU-Ebene für ein effektives europäisches Lieferkettengesetz stark zu machen und auch einen Gesetzesentwurf für ein österreichisches Lieferkettengesetz vorzulegen, welcher alle menschenrechtlichen Lücken zu schließt. 

FIAN setzt sich in einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis als Teil der Kampagne "Menschenrechte brauchen Gesetze" für ein Lieferkettengesetz ein. 

 

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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