Brasilien: FIAN fordert Aufklärung des „Massakers von Guapoy“

Militärpolizei und Großgrundbesitzer wenden massive Gewalt gegen Indigene an

Am 24. Juni 2022 drangen Einheiten der Militärpolizei und Großgrundbesitzer in das von den Guarani-Kaiowá besetzte Gebiet, Tekoha Guapoy, ein, um diese gewaltsam zu vertreiben. Die Zahl der getöteten und verletzten Personen wird noch ermittelt. Nach den letzten Informationen ist jedoch von einer getöteten Person und mindestens zehn Verletzten die Rede.

FIAN reagierte auf das „Guapoy Massaker“ umgehend mit einem Eilbrief an die Brasilianische Regierung sowie die Verwaltung der Region Mato Grosse do Sul. Darin fordert die Menschenrechtsorganisation eine lückenlose Aufklärung der gewaltsamen Vorfälle. FIAN begleitet die Guarani-Kaiowà seit über einem Jahrzehnt bei ihrem Kampf um Land, Würde und Selbstbestimmung.

Dieser Vorfall ist kein Einzelfall und spitzt einen schon langen schwelenden Konflikt zu. Ursächlich ist das Versäumnis des brasilianischen Staates, Indigene Territorien abzugrenzen und ihre Landrechte durch offizielle Besitztitel zu stützen. Das Volk der Guarani-Kaiowá wartet, wie viele andere Gemeinschaften, schon seit Jahrzehnten auf die Anerkennung ihres rechtmäßigen Landes. Aufgrund der Untätigkeit der Behörden hatten die Tekoha Guapoy das Land schließlich besetzt, um ihrer Forderung nach Rückgabe Ausdruck zu verleihen.

In Reservoirs gezwungen

Der gewaltsame Landraub und die Missachtung Indigener Rechte reicht zurück bis in die Zeit der kolonialen Eroberung.  Mit der Ankunft der portugiesischen Kolonialmacht im Jahr 1500 im heutigen Brasilien wurde Indigenes Land an dritte verkauft, um es für die wirtschaftliche Ausbeute freizugeben. In der Region Mato Grosso do Sul, in dem die Guarani-Kaiowá von Tekoha Guapoy seit jeher leben, wurden die Indigenen Gruppen von Vertretern des Staates in Reservoirs gezwungen. In diesen leben sie bis heute unter unwürdigen Bedingungen.

Das Gebiet ist zu klein bemessen und überfüllt. Aufgrund der Verschlechterung der Bodenqualität und dem Mangel an Platz für die Aussaat können die Familien sich nicht mehr selbst ernähren. Hinzu kommt, dass die zu hohe Bevölkerungsdichte zu Gewalt und Konflikten führt. Die Menschen leiden unter Hunger und Mangelernährung und werden bei Versuchen ihr Land zurückzufordern immer wieder mit viel Gewalt vertrieben.

Leben in Freiheit und Würde: Nur mit ihrem Land

Ohne ihr Land können die Indigenen Völker nicht in Freiheit und Würde leben. Denn der Zugang zu Land ist nicht nur die Bedingung für den Genuss der grundlegenden Menschenrechte auf Nahrung, Wasser und Wohnen. Für die Guarani-Kaiowá – wie für viele andere Indigene in Brasilien – hat ihr Land über die materielle Ebene hinaus zudem eine spirituelle Bedeutung und bildet einen fundamentalen Bestandteil der Identität. Um es in ihren eigenen Worten zu sagen: „Wir sind das Land, und das Land sind wir“. Mit der Die ILO-Konvention 169 zum Schutz Indigener Völker, welche von Brasilien ratifiziert wurde, wird die Bedeutung des Zugangs zu Land auch in einem international verbindlichen Rechtsinstrument anerkannt.

Indem die Regierung das Land der Indigenen Gruppen nicht kennzeichnet und rechtlich anerkennt, verstößt sie gegen die eigene Verfassung und internationale Verträge und verletzt damit ihre Pflicht, das Recht auf Nahrung zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten. Im Hinblick auf die aktuellen wirtschaftlichen Interessen der brasilianischen Regierung, immer mehr Indigenes Land für agroindustrielle Zwecke oder Bergbau freizusetzen, scheint die Hoffnung auf eine offizielle Anerkennung aber immer unwahrscheinlicher.

marco temporal

Eine aktuelle Gesetzesinitiative sieht sogar vor, die Landrechte der Indigenen noch weiter zu beschneiden: Nach der sogenannten Stichtagsregelung („marco temporal“) sollen Indigene, die vor dem Inkrafttreten der Verfassung am 5.10.1988 von ihrem Gebiet vertrieben wurden, kein Recht mehr auf dieses Land besitzen. Das betrifft einen großen Teil der Indigenen Gemeinschaften und macht ihren Kampf um ihre Heimat noch viel schwerer.

FIAN setzt sich dafür ein, dass die Guarani-Kaiowà ihr Land nach all den Jahren zurückbekommen und wieder sicher, frei und nach ihren Traditionen leben können. 

Rückfragen: Tina Wirnsberger

Nepal: FIAN erstreitet Landrechte, Wasserzugang und Lohngerechtigkeit

Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.

UN-Sozialausschuss: Frauen im ländlichen Raum fordern Klimagerechtigkeit und ein Ende der Umweltzerstörung in Honduras

In dieser Woche wird der Staat Honduras in Genf Fragen des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) zu seiner Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte beantworten. Außerdem wird ein informeller Dialog mit der Zivilgesellschaft stattfinden, um die Ausschussmitglieder über die Menschenrechtslage im Land zu informieren.

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