2007 startete FIAN Österreich die neue Kampagne „Face It – Act Now“. FIAN-Mitglieder und Partner_innen aus verschiedenen europäischen Ländern wollen Unterstützer_innen gewinnen für gemeinsame Ziele: Etwa die Regierungen Europas und der Europäischen Union dazu zu bringen, eine führende Rolle in der weltweiten Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung einzunehmen.
Die Weltwirtschaft ist im Aufbruch. Die Riesenreiche China und Indien boomen. Und mit ihrem Aufstieg steigt die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen. Erst vor einigen Monaten hat China sich den Zugang zu den großen Kobalt-, Kupfer- und Goldvorkommen im Kongo gesichert. Das fordert die etablierten Industrienationen heraus, die bisher relativ konkurrenzlos die Rohstoffe der Welt unter sich aufteilten. Deutschland hat bereits reagiert und sich eine neue Rohstoffstrategie verordnet. Viele afrikanische Staaten können sich freuen. Ihre großen Vorkommen an Gold, Kupfer und Kobalt werden enorme Devisen ins Land spülen. Aber werden auch die Menschen in den Ländern davon profitieren? Die bisherige Erfahrung mit Bergbauprojekten in Afrika macht da wenig Hoffnung. Die Gewinne verschwinden in den Taschen der Konzerne und der gesellschaftlichen Eliten, während die Menschen arm bleiben. Am schlimmsten ist die Situation für diejenigen, die in der Nähe von Minen oder Tagebauprojekten leben. Denn Sozial- oder Umweltstandards beim Abbau der begehrten Metalle gibt es nicht oder sie sind zahnlose Papiertiger. Riesige Landflächen werden unbrauchbar für die Landwirtschaft und Flüsse oder Seen als willkommene Lagerstätte für giftige Abfallprodukte missbraucht. Wo kein Land ist und das Wasser verseucht, da gibt es auch kein Recht auf Nahrung für die auf Landwirtschaft angewiesenen Menschen. Es bleibt zu vermuten, dass im Wettlauf um die Rohstoffe das Recht auf Nahrung weiterhin mehr verletzt als respektiert wird. Ein guter Grund, diese FoodFirst-Ausgabe dem Thema Bergbau zu widmen.
„Perle Afrikas“ wird Uganda seit der britischen Kolonialzeit genannt. Doch das immergrüne Land am Viktoriasee wird seit Jahrzehnten arg gebeutelt. Ein Bürgerkrieg folgt dem anderen. Doch auch im Frieden werden die Menschenrechte der EinwohnerInnen immer wieder verletzt. Die Regierung setzt auf Industrialisierung und einen Umbau der ‚primitiven‘ Subsistenzlandwirtschaft zur Exportlandwirtschaft. Mittel hierzu ist die Herstellung möglichst investorenfreundlicher Rahmenbedingungen, auch auf Kosten von ArbeiterInnen- und anderen Rechten. Gerne legt Präsident Museveni auch selber Hand an, um etwa Ugandas erste Großkaffeeplantage in Mubende einzuweihen, für die zuvor mehr als 2.000 Menschen ohne Entschädigung von ihrem angestammten Land vertrieben worden waren, oder um rechtswidrig die Entlassung von streikenden Textilarbeiterinnen durchzusetzen.
Menschenrechtsarbeit ist unter diesen Bedingungen nicht einfach. Der Fall der Mubende-Plantage ist inzwischen bereits seit sechs Jahren anhängig, und bisher folgte noch auf jeden Fortschritt gleich wieder ein Rückschlag. Ihre Prestigeprojekte lässt sich die Regierung nicht so leicht madig machen. Aber so leicht steckt auch FIAN nicht auf, sondern hat in diesem Oktober eine neue internationale Eilbriefaktion gestartet.
Und die Beharrlichkeit zahlt sich auch immer wieder aus. Der Widerstand der ugandischen Blumenindustrie gegen die gewerkschaftliche Organisierung der PlantagenarbeiterInnen wurde unter anderem auch durch eine Briefaktion FIANs in diesem Frühling gebrochen. Der Mubende-Fall steht in diesem Herbst auch im Mittelpunkt der neuen europäischen Kampagne Face-It-Act-Now, über die wir ebenfalls in diesem Heft berichten und für die wir alle herzlich zur Mitarbeit einladen.
Schicksalsschlag Hunger? Vor 30 Jahren erschien das Buch Food first – beyond the myth of scarcity von Joseph Collins und Frances Moore Lappé. Dieses Buch war mit ein Anstoß für die Entstehung von FIAN und hat seitdem nur wenig von seiner Aktualität eingebüßt. Dort heißt es etwa: „Die stärkste Beschränkung der Nahrungsproduktion und Verteilung stellt sich als die Ungerechtigkeit heraus, die durch unsere Art von Wirtschaftssystem erzeugt wird. (...). Wir lernten, dass die Amerikaner und Europäer das Lebensmittelproblem nicht lösen müssen. Hungernde Menschen können sich selbst ernähren und tun es auch, wenn man sie nur lässt. (...) Die Aufgabe der Amerikaner – und Europäer – wird jetzt klar. Wichtiger als Lebensmittelhilfe (...) ist der Aufbau einer Bewegung in diesen Ländern, die die Verbindung klarmacht, wie Regierungen, Gesellschafts- und Landeliten die Nahrungssicherheit (...) untergraben.“
Was heißt das heute? In den Millenniumszielen hat sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 dazu verpflichtet, den Anteil der Armen bis zum Jahr 2015 um 50 Prozent zu reduzieren. Dies schließt auch eine Reduzierung des Anteils der Hungernden ein. Die Realisierung der angestrebten Ziele ist aber nach wie vor in weiter Ferne. Besonders deutlich für die Weltöffentlichkeit wird die Situation der Hungernden im Fall akuter Nahrungsmittelkatastrophen. Derzeit gibt es laut FAO-Angaben 31 Hungerkrisenländer.
Welche Ursachen, Folgen und Strategien es zur Bewältigung der Hungerkrise gibt – davon handelt der Schwerpunkt des vor Ihnen liegenden aktuellen FoodFirst.
FIAN muss und wird sich auch den hier geschilderten Herausforderungen stellen. Wie schreiben Collins/Lappé: „Das einzige Hindernis für die Lösung des Hungers in der Welt ist das Gefühl der Machtlosigkeit, das den Menschen aufgezwungen wird.“ „Wir können das Problem des Welthungers nicht für andere Menschen lösen. Sie müssen das selbst tun. Wir können jedoch daran arbeiten, die Hindernisse zu entfernen, die es den Menschen in aller Welt immer schwieriger machen, die Kontrolle über die Lebensmittelproduktion zu übernehmen und sich selbst zu ernähren. “
Im Dezember 2006 fanden zum ersten Mal die Filmtage „Hunger.Macht.Profite.“ zum Recht auf Nahrung statt. Über 250 Besucher_innen nahmen insgesamt teil. Außerdem haben wir den im letzten Jahr verfassten Parallelbericht zu wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Rechten im österreichischen Parlament vorgestellt.
Bank der Armen? Anspruch und Wirklichkeit der Politik der Weltbank
Die Weltbank hat als Vision für ihre Arbeit eine Welt ohne Armut verkündet. In unserer Arbeit begegnet uns die Weltbank jedoch immer wieder als Organisation, die mit den von ihr geförderten Projekten und Politikberatung Menschenrechtsverletzungen verursacht, Armut vergrößert und der Umwelt Schaden zufügt.
In dieser Ausgabe nehmen wir die Rolle der Weltbank insgesamt genauer in den Blick. Wie hält es die Bank prinzipiell mit den Menschenrechten? Was sind die Rezepte und Instrumente der Weltbank zur Erreichung ihres erklärten Ziels der Armutsbekämpfung und wie sind diese zu bewerten? Welche Rolle sieht sie speziell für den landwirtschaftlichen Bereich, der zentral für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung ist? Und welche Rolle spielt Deutschland in der Weltbankpolitik? Es stellt sich die Frage, auf welchem Wege diese Missstände abgestellt werden können. Ist die Bank reformierbar?
Größe, Bevölkerungszahl, Wirtschaftswachstum und Exportzahlen. Die Volksrepublik China ist ein Land der Superlative, im negativen Sinn leider auch aus menschenrechtlicher Sicht: Massenhaft in Fußballstadien vollstreckte Todsurteile, keine Pressefreiheit, Zwangsenteignungen bei wenn überhaupt mangelhafter Entschädigung, keine Gewerkschaftsfreiheit.
Seit Chinas Beitritt zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vor fünf Jahren haben sich weder Ernährungssicherheit noch Menschenrechtssituation verbessert. Stattdessen gleicht das Bild im Reich der Mitte dem überall auf der Welt. Die Hungrigen leben in der großen Mehrheit auf dem Land. Sie leiden unter Umweltzerstörung und massivem Raubbau an natürlichen Ressourcen. Der Staat reagiert nicht oder zu langsam. Millionen Wanderarbeitern bleiben Sozialleistungen verwehrt. Im Agrobusiness haben nun auch die Blumenproduzenten China entdeckt, Farmen für Schnittblumen sprießen aus dem Boden und mit ihnen etablieren sich einmal mehr menschenunwürdige Arbeitbedingungen.
Gründe genug, um China im Jahr 20 von FIAN den Schwerpunkt des FOODFirst-Magazins zu widmen und Perspektiven zur Einforderung des individuellen Menschenrechts auf Nahrung für den hungrigen Riesen auszuloten
Armuts-Zeugnis 10 Jahre nach dem Welternährungsgipfel
Sommer 2006 – Unsere Soldaten stehen am Kongo. Sie sollen die ersten demokratischen Wahlen im größten Land Afrikas schützen helfen. In der Demokratischen Republik Kongo leiden prozentual mehr Menschen an Unterernährung als irgendwo sonst auf der Welt – 70 Prozent sollen es sein.
Europäische Wirtschaftsinteressen und politische Einflussnahmen tragen seit weit mehr als hundert Jahren ihren Teil dazu bei. Deutsche Truppen auf dem schwarzen Kontinent – der Beginn einer neuen Berliner Afrikapolitik ist das nicht, eher das Indiz dafür, dass Außenpolitik sich zunehmend ordnungspolitisch und vom Motiv Sicherheit leiten lässt. Unsere Bundeswehr kämpft in Kinshasa nicht gegen den Hunger, sondern leistet Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung zufolge einen Beitrag dazu, dass nicht noch mehr Menschen nach Europa flüchten.
Zehn Jahre nach dem Welternährungsgipfel in Rom gibt es an das dort ausgegebene Ziel der Halbierung des Hungers bis 2015 noch keine Annäherung. Eigentlich müssten die PolitikerInnen da mächtig ins Schwitzen geraten. Wegducken ist statt dessen die Devise. Einen Nachfolgegipfel, wie eigentlich üblich, wird es nicht geben. Lediglich zu einer Sondersitzung hat die Welternährungsorganisation FAO für Ende Oktober eingeladen.
Zwanzig Jahre FIAN haben immerhin Etappenerfolge für das Recht sich zu ernähren gebracht. Dreißig Jahre Sozialpakt – der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte trat im Januar 1976 in Kraft – haben FIAN eine exzellente Kampagnengrundlage gegeben, aber für Hunderte Millionen Menschen in Afrika noch keine Gerechtigkeit gebracht.
Unter der Federführung von FIAN Österreich haben österreichische NGOs erstmals einen Parallelbericht zum dritten Staatenbericht der Bundesregierung an den UN-Sozialausschuss verfasst. Weitere Arbeitsschwerpunkte waren die Themen Menschenrechte in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und der kritische Stand der Milleniumsentwicklungsziele (MDGs).
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