Neue Publikation: Pestizide verletzen Menschenrechte und Klimaabkommen

Publikation „Pestizidfreie Ernährungssysteme“ stellt systematische Zusammenhänge zwischen Pestiziden, Menschenrechtsverletzungen und Klimakrise dar und zeigt Lösungswege auf.

Chemische Pestizide verursachen eine globale Menschenrechts- und Umweltkatastrophe. Sie verschärfen die Klimakrise, schädigen die menschliche Gesundheit und vernichten die biologische Vielfalt. Eine auf Pestizideinsatz basierende Landwirtschaft führt zu einer Abhängigkeit von Agrochemiekonzernen und verdrängt kleine Lebensmittelproduzent:innen. Pestizide leisten somit keinen Beitrag zur Verwirklichung des Rechts auf Nahrung, im Gegenteil: Ihr Einsatz untergräbt die Ernährungssouveränität und macht lokale Ernährungssysteme anfällig für die multiplen Krisen unserer Zeit.

Jährlich 385 Millionen akute Pestizidvergiftungen

„Chemische Pestizide verletzen das Menschenrecht auf Nahrung in all seinen Dimensionen“, betont Tina Wirnsberger, Referentin für Klima, Kleinbäuer:innenrechte und Frauen bei FIAN Österreich. „Sie zerstören Böden und Gewässer und damit die Grundlagen der Nahrungsmittelproduktion. Jährlich kommt es außerdem zu 385 Millionen akuten Pestizidvergiftungen, die fast ausschließlich die ländliche Bevölkerung im Globalen Süden betreffen.“ Dort werden nach wie vor hochgefährliche Pestizide (HHP) vermarktet, die in der EU zwar längst verboten sind, aber hier weiterhin produziert und gewinnbringend exportiert werden.

Klare Bestimmungen durch Menschenrechtsinstrumente

„Österreich und die EU müssen ihrer Verantwortung nachkommen und den schädlichen Auswirkungen von Pestiziden im Globalen Süden ein Ende setzen. Menschenrechtsinstrumente enthalten klare Bestimmungen zum Schutz vor den Risiken von Pestiziden und können die Transformation zu pestizidfreien Ernährungssystemen vorantreiben“, so Wirnsberger. So bieten etwa die Kinder- sowie die Frauenrechtskonvention und insbesondere die UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer:innen (UNDROP) deutliche Rechtsgrundlagen für Gesetze, um die Herstellung, Vermarktung und den Einsatz von chemischen Pestiziden zu verbieten.

Pestizide befeuern Klimakrise

Das industrielle Ernährungssystem, in dem Agrochemikalien eine wesentliche Rolle spielen, ist für ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Chemische Dünger und Pestizide werden mit fossilen Brennstoffen erzeugt und emittieren in jeder Phase ihres Lebenszyklus Treibhausgase. Nicht nur ihre Anwendung befeuert die Klimakrise, sondern auch die Herstellung, Verpackung, Transport und sogar ihre Entsorgung. „Ein Ernährungssystem, das auf Pestiziden basiert, verletzt nicht nur das Menschenrecht auf Nahrung, sondern auch das Pariser Klimaabkommen. Ein weltweites Verbot von hochgefährlichen Pestiziden und die Umstellung auf ökologische und menschenrechtsbasierte Ernährungssysteme sind daher menschenrechtliche Pflicht und unabdingbar, wenn man die Klimaziele ernst nimmt.“ schließt Wirnsberger.

„Pestizidfreie Ernährungssysteme“ ist eine Publikation der Reihe „Recht auf Nahrung & Klimagerechtigkeit“ im Rahmen des durch die Austrian Development Agency geförderten Projekts „Menschenrechte für Klimagerechtigkeit“.

Download: Pestizidfreie Ernährungssysteme

Rückfragen an Tina Wirnsberger

Partizipative Prozesse und deren Einfluss in der Ernährungswende

Partizipative Prozesse ermöglichen es unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen eine Stimme zu geben. Im Frühjahr 2022 hat FIAN Österreich gemeinsam mit den europäischen Sektionen in Belgien, Portugal, Schweden und FIAN International, sowie der Organisation Observatori Desc eine Kartierung (Mapping) gestartet, um Beispiele für partizipative Prozesse zu erforschen, die nachhaltige Lebensmittelsysteme fördern. 

Gute Wertschöpfung auf kleinen Höfen!

Als Teil unseres COACH Projekts lernen wir gemeinsam mit Kleinbäuer:innen, Ernährungsräten und lokalen Strukturen der öffentlichen Verwaltung, wie wir nachhaltige Lebensmittelsysteme stärken und faire Agrar- und Lebensmittelketten durch innovative Methoden unterstützen können. Ende Februar organisierten wir ein Tagesseminar, in dem wir mit 50 Kleinbäuer:innen über Strategien sprachen, um kleine und mittelgroße Höfe so zu bewirtschaften, dass sie als Kleinbäuer:innen ein gutes Leben haben. Unsere Inputgeberin, Michaela Jancsy, erzählt im Interview wie sie ihren Gemüsebetrieb führt.

Indien: Kleinbäuer:innen in Odisha weiterhin von Vertreibung und Umweltzerstörung bedroht

Seit 2005 protestiert die Landbevölkerung im Bezirk Jagatsinghpur (Bundestaat Odisha) gegen Umweltzerstörung und die unrechtmäßige Aneignung ihres Landes. Dort sollen Industrieanlagen und Infrastruktur – darunter Stahl- und Zementwerke, ein Kraftwerk und ein Hafen – errichtet werden. FIAN Österreich rief in Zusammenarbeit mit FIAN International im März 2022 zu einer Briefaktion auf, um mehr als 40.000 Kleinbäuer*innen, Landarbeiter*innen und Fischer*innen vor dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen zu schützen. Zu Jahresbeginn berichtet der Sprecher der Bewegung von Polizeirepression, gewaltsamen Übergriffen und zunehmenden Festnahmen und erneuert dringend die Forderungen.

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