Milchdialog: FIAN fordert Ende der Exportoffensive

Wien, 10.6.2016 Die Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich begrüßt als Teil der Plattform „Wir haben es satt“ den am Dienstag startenden Milchdialog.

 „Kurzfristig gedachte Liquiditätshilfen und eine weitere Exportoffensive werden die Milchkrise lediglich verwalten. FIAN erwartet vom Milchdialog eine überfällige Kehrtwende hin zu einer Milchmarktpolitik, die auf Solidarität, dem Menschenrecht auf Nahrung und Ernährungssouveränität aufbaut“, so Brigitte Reisenberger, Geschäftsleiterin von FIAN Österreich.

FIAN zeigt sich besorgt über die Exportzunahme standardisierter Massenprodukte wie Milchpulver oder Magermilchpulver, das mit Pflanzenfett (meist Palmöl) angereichert besonders auf KonsumentInnen in afrikanischen Ländern abzielt. Damit wird eine Entwicklung umgekehrt, die mit dem Auslaufen der Exportsubventionen eingesetzt hatte. Magermilchpulverexporte außerhalb der EU stiegen von 2013 bis 2015 um fast 70 Prozent (406.744 Tonnen in 2013, 685.898 Tonnen in 2015). Der Exportwert stieg im selben Zeitraum jedoch nur um 19 Prozent (1.260 Millionen Euro in 2013 auf 1.495 Millionen Euro in 2015). Mit dem geringen Preis von Milchpulver können lokale MilchproduzentInnen in den Importländern nicht konkurrieren. Die Spezialisierung europäischer Molkereien auf Milchpulverexporte sind schlechte Nachrichten für Bauern und Bäuerinnen weltweit, die auf existenzsichernde Preise angewiesen sind. Es kommt zu einer Preisspirale nach unten. Bauern und Bäuerinnen werden am Weltmarkt gegeneinander in den Wettbewerb geschickt. Die einzigen die sich das leisten können und davon profitieren, sind große Konzerne.

Steigende Exporte, fallende Preise

„Lokale Märkte in Schwellen- und Entwicklungsländern werden mit billigem Milchpulver aus Europa überschwemmt. So wird das Überleben einer lokalen Milchproduktion und der Aufbau von Wertschöpfungsketten verhindert“, so Reisenberger. Exporte auf die Philippinen haben sich seit 2013 mehr als verdreifacht (von 8.024 Tonnen auf 30.064 Tonnen). In einzelnen westafrikanischen Ländern wie der Elfenbeinküste stiegen die Importe von Milchpulver aus der EU von 2015 auf 2016 um 113 Prozent (Vergleichszeitraum 1. Quartal). Europäische Milchkonzerne kaufen lokale Unternehmen auf oder gehen Joint Ventures ein und verarbeiten dabei vorwiegend billig importierte Rohstoffe. Europäische Konzerne wie Danone (Frankreich) sind bereits in Burkina Faso und Nigeria aktiv, Arla (Dänemark) in der Elfenbeinküste oder ebenfalls in Burkina Faso. Das Milchpulver aus der EU wird dort durchschnittlich um die Hälfte billiger verkauft als heimische ErzeugerInnen Frischmilch produzieren können. 

In Burkina Faso lebt etwa ein Drittel der Bevölkerung von der Tierhaltung, besonders Frauen sind auf den Verkauf der Milch als Einnahmequelle angewiesen. „Die Eroberung neuer Märkte geht mit dem Risiko der Verletzung des Menschenrechts auf Nahrung einher und treibt kleine ProduzentInnen in Europa und auch ihre afrikanischen KollegInnen in den Ruin“, so Reisenberger. „Es braucht einen grundlegenden Strategiewandel in der Milchpolitik – den Start dafür erhofft sich FIAN vom Milchdialog. Es braucht eine mutige Milchmarktpolitik, welche die Menschenrechte, nicht die Milchschwemme fördert und die bäuerlichen MilchproduzentInnen ins Zentrum der Lösungsstrategien stellt.“ Mit dem bäuerlichen Milch-Manifest liegen bereits konkrete Schritte für einen Weg aus der Milchkrise auf dem Tisch. Nun müssen sie angegangen werden.

Wir haben es satt Plattform und bäuerliches Milch-Manifest auf: www.wir-haben-es-satt.at

Quelle Zahlen: European Milk Market Observatory  http://ec.europa.eu/agriculture/milk-market-observatory/index_en.htm

Rückfragehinweis:
Brigitte Reisenberger, Geschäftsleitung FIAN Österreich, brigitte.reisenberger@fian.at 0699-18330033
Linnéa Richter, Pressereferentin FIAN Österreich, linnea.richter@fian.at 0650-4055511

 

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Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

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