Kaweri Kaffeeplantage: Kleinbäuerlicher Widerstand zeigt erste Erfolge

FIAN nach Haftentlassung weiterhin besorgt um Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger

Die Vertriebenen der Kaweri Kaffee Plantage, (C) FIAN

2001 wurden im ugandischen Bezirk Mubende über 2000 Menschen, vorwiegend Kleinbäuer*innen, von der Armee gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben, weil die ugandische Regierung das Land an die Kaweri Kaffee-Plantage der deutschen Neumann Kaffee Gruppe verpachtet hatte. Unterstützt durch FIAN und andere Organisationen fordern die Betroffenen, denen ihre Existenzgrundlage entzogen wurde, seitdem ihre Rechte ein. Anhaltender Menschenrechtsverletzungen zum Trotz beweisen sie Durchhaltevermögen im langjährigen Klageverfahren um Entschädigung und ihr Recht auf angemessene Ernährung. So erreichten sie die gerichtliche Anordnung einer Mediation und ein Entschädigungsangebot der Regierung. Auch wenn die Entschädigungssumme viel geringer ist als gefordert, so ist es als Teilerfolg der Betroffenen zu werten, dass die ugandische Regierung mit diesem Angebot nach 18 Jahren letztlich Verantwortung für die begangenen Verletzungen der Menschenrechte übernimmt. „Ohne den ausdauernden Einsatz der Vertriebenen und internationale Aufmerksamkeit wäre die ugandische Regierung ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen vermutlich bis heute stillschweigend nicht nachgekommen“, betont FIAN-Referentin Tina Wirnsberger die bedeutsame Rolle selbstermächtigten kleinbäuerlichen Widerstands.

Mehrheit der Vertriebenen nimmt Entschädigungsangebot an

Im Klageverfahren von 401 Familien, die für die Kaweri Kaffeeplantage der deutschen Neumann Kaffee Gruppe vertrieben wurden, ist das gerichtlich angeordnete Mediationsverfahren noch immer nicht abgeschlossen. Am Montag, den 10. Februar hat das Hohe Gericht in Kampala erneut über den Fall beraten. Die Anwälte der Vertriebenen teilten dem Gericht mit, dass 325 der 401 Kläger schriftlich erklärt hätten, das Entschädigungsangebot der Staatsanwaltschaft anzunehmen. Zur Haltung der übrigen 76 Kläger legten sie dem Gericht am Montag keine Angaben vor. Um jenen Betroffenen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, will der Richter das Hohe Gericht in Mubende beauftragen, ihnen das Entschädigungsangebot zu erläutern. Dies soll bis zum nächsten Verhandlungstermin am 12. März erfolgen.

Die Staatsanwaltschaft hatte in der Verhandlung am 16. Dezember 2019 eine finanzielle Entschädigung für zerstörtes Eigentum in Höhe von insgesamt 3,8 Milliarden Ugandischen Schilling angeboten (rund 950.000 €). Zusätzlich will sie 150 Millionen Schilling Verfahrenskosten erstatten, äquivalent zu rund 37.000 €. Bedingung für diese Entschädigung ist, dass der Fall damit umfassend und endgültig beigelegt ist. Die deutsche Neumann Kaffee Gruppe hat bisher kein Entschädigungsangebot vorgelegt. „Wir begrüßen, dass die ugandische Regierung das begangene Unrecht damit zumindest zum Teil anerkennt. Eine Kompensation für das geraubte Agrarland wurde aber nicht angeboten. Ohne die Möglichkeit, sich neues Land zu kaufen, werden die Vertrieben kaum aus der bitteren Armut entkommen, in der viele seit der Vertreibung leben“, kommentiert FIAN-Referentin Gertrud Falk dieses Angebot. Sie begleitet den Fall seit 2003 und besuchte die Betroffenen erst kürzlich vor Ort.

FIAN weiterhin besorgt um Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger Peter Kayiira Baleke

Menschenrechtsverteidiger und Sprecher der Vertriebenen Peter Kayiira Baleke gehört zu diesen 76 Familien; er lehnt das Entschädigungsangebot der Staatsanwaltschaft als viel zu niedrig ab. Baleke wurde nach der Gerichtsverhandlung am 16. Dezember noch auf dem Gerichtsgelände verhaftet und im Luzira-Gefängnis in Kampala festgehalten und erst am 7. Februar entlassen.

FIAN interpretiert seine Verhaftung als politisch motiviert. Seit der gewaltsamen Vertreibung durch die ugandische Armee im August 2001 setzt er sich in vorderster Reihe national und international für die Wiederherstellung der Menschenrechte der Kläger*innen ein. Aufgrund Balekes exponierter Stellung als Menschenrechtsverteidiger ist FIAN auch nach seiner Freilassung um seine Sicherheit besorgt. Er teilt diese Besorgnis und sagte FIAN nach seiner Freilassung: „Meine Freiheit und mein Leben sind beide unberechenbar.“ FIAN appelliert daher an den ugandischen Staat, die Delegation der EU in Uganda und die internationale Staatengemeinschaft alles zu tun, um Balekes Sicherheit zu gewährleisten und ihn vor Repressionen zu schützen. Österreich ist mit dem Vorsitz im UN-Menschenrechtsrat in diesem Fall eine besonders verantwortungsvolle Rolle beizumessen.
 

Kontakt: Tina Wirnsberger, 01 - 2350239-11, tina.wirnsberger@fian.at

Nähere Information zum Hintergrund des Falles: https://fian.at/de/faelle/uganda-mubende/

Aktuelle Studie zu den anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Kaweri Coffee Plantation Ltd: https://fian.at/de/publikationen/bestellen-download/st-2019-12-hrvu/

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