Kambodscha: Präsident des Bauernverbands und Landrechtsaktivisten wegen Verschwörung angeklagt

Drei kambodschanische Menschenrechtsverteidiger wurden Anfang vergangener Woche festgenommen und wegen angeblicher Verschwörung gegen den Staat angeklagt. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. In dem autoritär geführten südostasiatischen Land steht die Zivilgesellschaft massiv unter Druck; Menschenrechtsaktivist*innen werden immer wieder mit fabrizierten Anklagen überzogen und inhaftiert.

Proteste gegen die Verhaftung in Phnom Penh (© CCFC)

Am 18. Mai 2023 wurden der Präsident der ‚Koalition der kambodschanischen Bauerngemeinschaft‘ CCFC, Theng Savoeun, sowie zwei seiner Mitarbeiter, Nhel Pheap und Thann Hach, von der Polizei in der Provinz Ratanakiri verhaftet. Bereits am Vortag waren die drei auf dem Rückweg von einem Workshop zusammen mit 14 weiteren Mitarbeiter*innen von der Polizei festgehalten und verhört worden. Am 22. Mai erhob der zuständige Untersuchungsrichter in allen drei Fällen Anklage wegen „Verschwörung gegen den Staat“ sowie „Aufwiegelung“ und ordnete Untersuchungshaft an. Nach Angaben des Gerichts wurde ein weiterer Aktivist, der Akademiker Chan Vibol, ebenfalls wegen Aufwiegelung und Verschwörung angeklagt.

Seit ihrer Gründung 2011 setzt sich die CCFC unermüdlich für die Rechte von Kleinbäuer*innen in Kambodscha ein. CCFC unterstützt Dutzende von Gemeinden, die von Landgrabbing betroffen sind. Viele davon wurden vor mehr als zehn Jahren gewaltsam von ihrem Land vertrieben, um Platz für Zuckerrohrplantagen zu schaffen. Der dort angebaute Zucker wurde zollfrei in die Europäische Union exportiert, bis 2020 begünstigt durch die EU-Handelsinitiative „Alles außer Waffen“.

Mehr als 60 kambodschanische zivilgesellschaftliche Organisationen und Gruppen kritisierten gestern in einer gemeinsamen Erklärung die unbegründeten Anklagen und forderten die sofortige und bedingungslose Freilassung der drei Aktivisten. „Die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten darf nicht mit krimineller Aufwiegelung oder Verschwörung gegen den Staat gleichgesetzt werden. Die Verhaftung von CCFC-Mitarbeitern wird die langjährigen Landkonflikte […] nicht lösen. Sie wird die Stimmen der Gemeindeführer*innen und Gemeindevertreter*innen, die Gerechtigkeit für ihre Familien, Freunde und Nachbarn fordern, nicht zum Schweigen bringen“, heißt es in der Erklärung.

Hunderte von Bäuer*innen versammelten sich in den letzten Tagen in der Hauptstadt Phnom Penh und anderen Teilen des Landes, um gegen die Verhaftungen zu protestieren. Mitglieder von Gemeinden in der Provinz Koh Kong, die von Landnahmen durch Zuckerunternehmen betroffen sind, wurden von lokalen Behörden aufgehalten und mit Inhaftierung bedroht, als sie versuchten, in die Hauptstadt zu reisen.

Theng Savoeun war bereits im Januar 2014 zusammen mit anderen Menschenrechtsverteidiger*innen nach der gewaltsamen Niederschlagung eines Textilarbeiter*innen-Streiks verhaftet worden. Er verbrachte fünf Monate im Gefängnis, bevor er eine vierjährige Haftstrafe erhielt, die größtenteils zur Bewährung ausgesetzt wurde.

„Die haltlosen Anklagen sollen den friedlichen Widerstand gegen Landraub in Kambodscha unterdrücken. Die verhafteten Aktivisten müssen unverzüglich freigelassen werden“, sagt Mathias Pfeifer, Südostasienreferent der Menschenrechtsorganisation FIAN. „Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich umgehend und mit Nachdruck für die Freilassung der Menschenrechtsverteidiger einsetzen“, ergänzt Raphael Göpel von der Stiftung Asienhaus.

In einem anderen Fall wurden heute neun Gewerkschafter*innen wegen Aufwiegelung verurteilt. Sie hatten einen friedlichen Streik von Arbeiter*innen des größten Casinos des Landes, NagaWorld, organisiert. Unter den Verurteilten ist die Präsidentin der zugehörigen Gewerkschaft, Chhim Sithar; sie erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren.

Die Menschenrechtslage in Kambodscha, das seit 38 Jahren von Premierminister Hun Sen mit eiserner Hand regiert wird, hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Unabhängige Medien wurden geschlossen, mehr als zwei Dutzend Landrechtsaktivist*innen sowie die Gewerkschaftspräsidentin Sithar sitzen derzeit im Gefängnis. Sechs Umweltaktivist*innen der Gruppe Mother Nature Cambodia sind wegen Verschwörung gegen den Staat angeklagt und warten auf ihr Gerichtsverfahren.

Link zur gemeinsamen Erklärung kambodschanischer Organisationen und Gruppen
 

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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