Mikrokredit-Überschuldung in Kambodscha: Weltbank-Tochter IFC könnte unabhängige Untersuchung blockieren

Die unabhängige Ombudsstelle der International Finance Corporation (IFC), ein Mitglied der Weltbank-Gruppe, hat eine umfassende Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen im Zuge von Überschuldung in Kambodscha beschlossen.

Zuvor hatten lokale Menschenrechtsorganisationen Beschwerde bei der Ombudsstelle CAO eingelegt. Die Untersuchung würde mehrere von der IFC finanzierte Mikrofinanzinstitute und -fonds betreffen, an deren Finanzierung z.T. auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und private Investoren beteiligt sind. Die IFC will die Entscheidung der Ombudsstelle nun nochmals überprüfen – ein ungewöhnlicher Schritt, der die Untersuchung weiter verzögern oder beenden könnte.

Im Februar 2022 reichten die Kambodschanische Liga zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte (LICADHO) und Equitable Cambodia eine offizielle Beschwerde bei der Ombudsstelle der IFC im Namen von Mikrokreditnehmer:innen ein, die von Überschuldung und Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Diese umfassen u.a. Ernährungsunsicherheit, Kinderarbeit und Verletzungen von Landrechten indigener Völker. In der Beschwerde wird der IFC vorgeworfen, ihre Sorgfaltspflichten in Kambodscha verletzt und dadurch zu diesen Menschenrechtsverletzungen beigetragen zu haben. Mehr als die Hälfte aller Haushalte Kambodschas haben Mikrokredite aufgenommen; die durchschnittliche Kredithöhe beträgt fast 5.000 US-Dollar, Hunderttausende sind hoffnungslos überschuldet.

Die Ombudsstelle der IFC hat die Beschwerde gründlich überprüft und teilte kürzlich auf ihrer Website mit, dass „eine Untersuchung gerechtfertigt“ sei. Diese würde sechs IFC-finanzierte Mikrokreditgeber (ACLEDA, Amret, Prasac, Hattha Bank, LOLC und Sathapana) sowie vier Fonds bzw. Investmentgesellschaften (Microfinance Enhancement Facility, Microfinance Initiative for Asia Debt Fund, Advans S.A. und North Haven Thai Private Equity Fund L.P.), an denen die IFC beteiligt ist, umfassen. Doch am 29. Juni 2023 beantragte die IFC-Leitung, die Entscheidung der Ombudsstelle zu überprüfen. Eine neue Richtlinie ermöglicht es der IFC, solche Überprüfungen durch den IFC-Vorstand mit Fokus auf spezifische „technische Kriterien“ einzuleiten. Der Vorstand könnte der Untersuchung zustimmen oder aber die Entscheidung der Ombudsstelle aufheben. Dies ist der erste Antrag dieser Art seit Einführung der Richtlinie im Jahr 2021.

In einer Pressemitteilung der kambodschanischen Menschenrechtsorganisationen bezeichnet die Direktorin von LICADHO, Naly Pilorge, die Intervention der IFC als „beschämenden Trick, um sich einer Prüfung zu entziehen“. „Die IFC muss beweisen, dass sie sich der Rechenschaftspflicht durch die CAO [Ombudsstelle] verpflichtet fühlt und aufhören zu versuchen, einen unabhängigen Prozess zu korrumpieren“, so Pilorge weiter. Eang Vuthy, Direktor von Equitable Cambodia ergänzt: „Wir hoffen, dass diese Untersuchung so schnell wie möglich vorankommt, um das Recht der Kreditnehmer:innen auf Entschädigung zu fördern und die durch diese Investitionen verursachten schweren Schäden zu beheben“.

Eine unabhängige Untersuchung der Ombudsstelle wäre auch für europäische Entwicklungsbanken (darunter die Österreichische Entwicklungsbank/OeEB) sowie mehrere privatwirtschaftliche Investoren äußerst relevant, da sie ebenfalls an der Finanzierung der beschuldigten Kreditinstitute beteiligt sind. Die OeEB, die deutsche KfW und IFC sind Gründungsmitglieder der Fonds Microfinance Enhancement Facility (MEF), über den einige der Mikrokreditinstitute gefördert werden. Über den MEF wurden zuletzt Ende 2022 neue Investitionen im Umfang von 8,8 Millionen US-Dollar an kambodschanische Mikrofinanzinstitute vergeben; das Kambodscha-Portfolio des Fonds beträgt rund 35 Millionen US-Dollar.

FIAN fordert eine unabhängige Untersuchung. Diese ist lange überfällig und würde einen wichtigen Beitrag leisten, um die Menschenrechte von überschuldeten Mikrokreditnehmer:innen zukünftig besser zu schützen.

Kontakt: lukas.schmidt@fian.at

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

nach oben