EU-Afrika Forum: KleinbäuerInnen profitieren nicht von Agrarindustrie 4.0 und Digitalisierung

Anlässlich des EU-Afrika Forums am 17. und 18.12. kritisiert FIAN die mangelnde Risikobewertung der Digitalisierung in der Landwirtschaft. 

Wien, 17.12.2018 Anlässlich des EU-Afrika Forums am 17. und 18.12. kritisiert FIAN die mangelnde Risikobewertung der Digitalisierung in der Landwirtschaft. Unter dem Titel „Taking Cooperation to the Digital Age“ treffen sich EU- und afrikanische Staats- und Regierungschefs vorwiegend mit Wirtschaftsdelegationen und Konzernvertretern. Politik und Agrarindustrie versprechen, dass neue Technologien sowie Digitalisierung den Hunger besiegen können. Eine kritische Betrachtung kommt beim EU-Afrika-Forum zu kurz. Das Menschenrecht auf Nahrung oder bäuerliche Rechte kommen im Programm nicht vor.

Megafusionen im vor- und nachgelagerten Agrar- und Ernährungssektor wie z. B. die Übernahme von Monsanto durch Bayer, die sich stark um die Digitalisierung drehen, machen eine kritische Risikobewertung der Digitalisierung unumgänglich. Agrarkonzerne, aber auch Internetkonzerne, sind längst dabei, sich die Hoheit über die Digitalisierung der Landwirtschaft anzueignen. Durch Fusionsprozesse konsolidieren sie ihre Vorherrschaft nicht nur in einem Sektor, sondern vertikal entlang diverser Schnittstellen der Nahrungsmittelkette. Ihre Bemühungen werden durch politische EntscheidungsträgerInnen in Europa und Afrika unterstützt, die vor allem die Vorteile der Digitalisierung betonen und Investitionshemmnisse aus dem Weg räumen wollen.

"Die Digitalisierung kann die Spaltung zwischen armen, bäuerlichen, ländlichen Gruppen und kapitalkräftigen Agrarunternehmen weiter vertiefen und die Konkurrenz um Land, Wasser und Saatgut in Afrika noch verschärfen. Die Lage der Ärmsten wird sich so zusehends verschlimmern. Für die Mehrzahl der bäuerlichen Betriebe bietet die Digitalisierung keine Lösungen an, sondern verschärft noch die Probleme“, so Brigitte Reisenberger von FIAN Österreich. „Wichtige Gründe für die 2018 wieder gestiegenen Hungerzahlen – die Diskriminierung von Frauen und ländlicher Bevölkerung, Landgrabbing und die erzwungene Öffnung der Agrarmärkte in Entwicklungsländern – lassen sich nicht technisch lösen“, so Brigitte Reisenberger von der Menschenrechtsorganisation FIAN.

Übernahme und kommerzielle Nutzung von Informationen und Erfahrungen zu Klima, Genetik, Böden, Aussaat- und Erntezeiten, die über Jahrtausende in den Händen von Kleinbäuerinnen und –bauern waren und zu einem großen Teil auch in Afrika noch sind, stellen eine große Gefahr dar. Über digitale Neuerungen (z.B. „precision farming“) versuchen Konzerne wie Bayer-Monsanto, Zugang zu diesen Daten zu bekommen und darüber hinaus auch die Rechte zur exklusiven Datennutzung. „Gefahr und Ziel ist es kleine LebensmittelerzeugerInnen beliebig austauschbar zu machen und Wissen und Macht über die Produktionssysteme in der Hand von wenigen Megakonzernen zu konzentrieren“, so Reisenberger. „Unkritisch propagierte Digitalisierung ist aus menschenrechtlicher und Welternährungsperspektive eine enorm bedrohliche Situation, denn Konzerne sind vor allem ihrem Gewinn und nicht der Überwindung oder Verhinderung von Hunger verpflichtet.“

Der NGO-Bericht "Right to Food and Nutrition Watch 2018" legt dar wie die Digitalisierung die Auseinandersetzung um Ressourcen sogar verschärfen und eine dezentrale Nahrungsmittel-Versorgung gefährden kann. Der Bericht untersucht, welche Folgen es haben wird, wenn Finanzmärkte und Agrarkonzerne mit Hilfe der Digitalisierung die Kontrolle über Ressourcen wie Boden, Wasser und Saatgut übernehmen und die Produktion von Nahrungsmitteln vom Menschenrecht auf Nahrung abgekoppelt wird.

Kontakt:

Brigitte Reisenberger, brigitte.reisenberger@fian.at, 0699 18 33 00 33

Right to Food and Nutrition Watch 2018

Wider die falschen Antworten der grünen Gentechnik: Sozial-Ökologische und Feministische Bewegungen im Kampf für Ernährungssouveränität

Erneut werden Debatten um die Wirksamkeit der grünen Gentechnik zur Bekämpfung des Welthungers geführt. Erfahrungen in Indien zeigen jedoch, dass rein technische Ansätze die Probleme nicht lösen. Tatsächlich sind vielfältige, lokal angepasste Nahrungssysteme weit besser in der Lage, eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Angesichts der herrschenden Machtverhältnisse müssen Lebensweisen hin zu Ernährungssouveränität, Landrechten, demokratischem Zugang zur Nahrungserzeugung und intersektionale Geschlechtergerechtigkeit aktiv erkämpft werden.

 

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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