FIAN arbeitet mit einem breiten Netzwerk von sozialen Bewegungen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen auf der ganzen Welt zusammen. Wir gehen nicht alleine. Grundpfeiler unserer Arbeit ist dabei, dass wir nicht für oder gar nur über andere sprechen, sondern ihre Stimmen sichtbar machen und ihnen Gehör verschaffen. In dieser Ausgabe des Food First kommen in mehreren Interviews unsere Partner:innen aus dem Globalen Süden zu Wort. Darüber hinaus beschäftigen wir uns im Kontext von Neuer Gentechnik und Landrechten mit intersektionaler Gerechtigkeit im Ernährungssystem und geben Einblick in die Fallarbeit in Uganda und Tansania. Mit den Berichten zu unseren Filmtagen Hunger.Macht.Profite.12 und der Veranstaltung zur Vorstellung der „Maastricht-Prinzipien zu den Menschenrechten zukünftiger Generationen“ im Palais Epstein blicken wir zudem auf einen spannenden Veranstaltungsherbst zurück. In Belgien hat der Landwirt Hugues Falys vor Kurzem mit der Unterstützung von FIAN Belgien u.a. eine Klimaklage gegen TotalEnergies eingebracht. Im abschließenden Beitrag dieses Hefts berichten wir von diesem wegweisenden Fall.
Das EU-Lieferkettengesetz rückt in greifbare Nähe. Nachdem die EU-Kommission im Februar 2022 einen Vorschlag vorgelegt hat, laufen in den EU-Institutionen die Verhandlungen. Damit gibt es das historische Potenzial, eine Kehrtwende im Welthandel einzulegen und mit „sauberen Wertschöpfungsketten“ eine rechtlich verankerte Verbesserung für die betroffenen Menschen zu erreichen. In dieser Ausgabe widmen wir uns daher unterschiedlichen Facetten der verbindlichen Konzernregulierung. Wir beleuchten das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das seit Beginn des Jahres in Kraft ist. Wir zeigen, wie zentral Klimasorgfaltspflichten für ein EU-Lieferkettengesetz sind und verweisen auf die Notwendigkeit, den Finanzsektor streng zu erfassen. Letzteres wird auch anhand der OECD-Beschwerde gegen Oikocredit International deutlich. Ein starkes Lieferkettengesetz, das den Finanzsektor integriert kann den Menschen in Kambodscha helfen. Wir geben außerdem Updates zu unseren aktuellen Fällen in Indien, Uganda und den Philippinen und setzen uns kritisch mit dem Ernährungssystem in Indonesien auseinander. Zum Abschluss erwartet Sie ein Interview mit Michaela Jancsy, die einen spannenden Einblick in ihren Gemüsebetrieb gibt.
Durch den russischen Angriffskrieg offenbart das globalisierte Ernährungssystem erhebliche Schwächen: Der notwendige Import von Nahrungsmitteln, Düngern und Pestiziden stellt für eine Vielzahl von Ländern des Globalen Südens angesichts krisenbedingter Preissteigerungen eine enorme Herausforderung dar. Aber auch in Österreich sind immer mehr Menschen auf Unterstützung angewiesen, um sich angemessen zu ernähren. Dies alles geschieht, nachdem das globalisierte Ernährungssystem in den vergangenen Jahrzehnten im Sinne der Konzerne neoliberal gestaltet wurde. Die daraus resultierende Abhängigkeit nimmt einer Vielzahl von Menschen die Möglichkeit, sich selbstbestimmt zu ernähren. Die vorliegende Ausgabe ist der Forderung nach einer grundlegenden Transformation dieses Ernährungssystems gewidmet. Nur so kann nachhaltig gegen die globale Ernährungskrise vorgegangen werden. Das bedeutet, dass die Vereinnahmung der Nahrungsmittelproduktion durch Profitinteressen beendet werden muss. Der Übergang zu Agrarökologie und die Stärkung lokaler Ernährungssysteme muss von politischen Entscheidungsträger:innen gefördert werden, um die Resilienz in Krisen zu erhöhen, Menschen eine selbstbestimmte Ernährung zu ermöglichen und agrarische Produktion klimagerecht zu gestalten.
Das derzeitige Weltgeschehen macht fassungslos. Die Situation in der Ukraine zeigt die Gräuel des Krieges in erschreckendem Ausmaß auf. Gleichzeitig offenbart der russische Angriffskrieg die Verwundbarkeit eines Ernährungssystems, das von Konzernen dominiert wird und in der Produktion auf Pestizide und chemische Dünger setzt. Der Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe widmet sich den Schäden durch weltweiten Pestizideinsatz und zeigt auf, dass ein zukunftsfähiges Ernährungssystem auf agrarökologischen Lösungen basieren muss, um für die großen Krisen unserer Zeit gewappnet zu sein. Zudem informieren wir über die Auswirkungen der steigenden Lebensmittelpreise in Österreich und dem Globalen Süden und geben Einblick in neue Entwicklungen in unserer Fallarbeit. Zehn Jahre nach Verabschiedung der UN-Landleitlinien ziehen wir außerdem Bilanz zum aktuellen Stand von Land Grabbing. So viel sei vorab verraten: Es ist nach wie vor notwendig, an die Staatengemeinschaft zu appellieren, endlich ihrer Verpflichtung zur Verwirklichung des Rechts auf Land nachkommen.
Seit nunmehr drei Jahren wartet man bei den Vereinten Nationen in Genf auf den Staatenbericht Österreichs über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Österreich entzieht sich damit seit 2018 der Prüfung durch den zuständigen Ausschuss. Nichtsdestotrotz hat eine zivilgesellschaftliche Allianz nun einen Parallelbericht erarbeitet, der einen genauen Blick auf die extraterritorialen Staatenpflichten Österreichs wirft und eine Reihe von Empfehlungen für Verbesserungen abgibt. Dieser Bericht ergänzt den bereits 2020 erschienenen Parallelbericht über soziale Rechte in Österreich. Beide Parallelberichte wurden von FIAN Österreich organisiert. In dieser Ausgabe möchten wir Sie über die wesentlichen Inhalte des neuen Parallelberichts informieren. Gleichzeitig erklärt Martin Kainz in seinem Beitrag, welche Rolle Parallelberichte im System der Vereinten Nationen spielen.
Sie wollen ein Probeexemplar anfordern? Melden Sie sich gerne unter office@fian.at
Am 18. August 2001 vertreibt die ugandische Armee gewaltsam 4.000 Kleinbäuer*innen aus vier Dörfern im Bezirk Mubende, Uganda. Das Land wird an die Kaweri Coffee Plantation Ltd. verpachtet, eine Tochterfirma der deutschen Neumann Kaffee Gruppe (NKG). Alle Häuser, Felder und Nahrungsmittel werden zerstört. Bis heute sind die Betroffenen aufgrund fehlenden Zugangs zu Land oder anderen ausreichenden Einkommensquellen in schwerwiegendem Ausmaß Hunger und Mangelernährung ausgesetzt. Die Vertriebenen gründen die „Wake Up and Fight for Your Rights, Madudu Group“, um Widerstand gegen das erlittene Unrecht zu leisten und klagen 2002 den Staat Uganda (durch die Staatsanwaltschaft) und die NKG an. Bis zur 20. Jährung der gewaltsamen Vertreibung im August 2021 erfolgte keine Entschädigung.
Die UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Personen, die in ländlichen Bereichen arbeiten (UNDROP) erkennt explizit das Recht der Kleinbäuer*innen und anderen in ländlichen arbeitenden Menschen auf Land an. Staaten müssen gegen erzwungene Vertreibung vorgehen und das Recht von Kleinbäuer*innen schützen, auf das Land zurückzukehren, das ihnen zu Unrecht entzogen wurde.
In der aktuellen Ausgabe unseres FOODFirst-Magazins beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf das Recht auf Nahrung. Die Maßnahmen gegen die COVID-19 Pandemie lassen innerhalb von kürzester Zeit die Armuts- und Hungerzahlen explodieren. Besonders hart trifft es kleinbäuerliche Familien im Globalen Süden. Wir berichten von den strukturellen Ursachen von globalem Hunger und warum diese sich im Kontext der COVID-19 Pandemie besonders zeigen. Anhand der Situation in Indien wird dies in einem weiteren Beitrag anhand eines Beispiels deutlich gemacht. Die Auswirkungen der Maßnahmen gegen die COVID-19 Pandemie haben aber auch in Österreich die Einkommenssituation vieler Menschen verschlechtert. Soziale Rechte geraten dadurch verstärkt unter Druck. Wir haben mit Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner über die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf soziale Einrichtungen gesprochen. Außerdem mit dabei: Berichte aus der Fallarbeit zu Brasilien, Uganda, Sambia und Kambodscha.
FIAN hat eine Studie über Langzeitfolgen für die Betroffenen der Menschenrechtsverletzung in Fall Kaweri erstellt. Von 2014 bis 2019 hat ein Team von FIAN fünfmal vor Ort recherchiert und Vertriebene und Schulleiter zu den Lebensbedingungen seit der Vertreibung befragt. Diese berichten über Hunger und Armut, fehlenden Zugang zu Trinkwasser, unzureichende Wohnsituation und Bildungschancen, auseinanderbrechende Familien sowie Gewalt gegen Frauen. Mitautorin Falk resümiert: „Die Recherche zeigt, dass die Zeit diese Menschenrechtsverletzungen nicht heilt. Im Gegenteil: sie verschärfen sich zunehmend aufgrund des fehlenden Zugangs zu Agrarland und Wasser“.
FIAN veröffentlicht eine Untersuchung über Landkonflikte in Ländern des Globalen Südens, die durch europäische Investitionen verursacht werden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Akteure aus Europa oftmals an Landgrabbing beteiligt sind und dass die Politik auf die hiermit verbundenen menschenrechtlichen Probleme bislang kaum angemessene Antworten gefunden hat. Die Publikation dokumentiert u.a. Fälle von Landgrabbing in Sambia, Uganda, Kongo und Mosambik.Broschüre ist eine deutschsprachige Zusammenfassung der Studie „Land Grabbing and Human Rights: The Involvement of European Corporate and Financial Entities in Land Grabbing outside the European Union“, die im Mai 2016 im Auftrag des Europäischen Parlaments veröffentlicht wurde. Die Studie beschreibt eine Vielzahl bislang ausgebliebener Handlungsmöglichkeiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten, um das weltweite Landgrabbing zu reduzieren.
Was auf unseren Tellern landet, wird zunehmend durch transnationale Konzerne beeinflusst. Sie sind die Global Player im Spiel um unsere Ressourcen und Ernährung. Besonders perfide ist, dass sie sich Gewinne auf Kosten kleinbäuerlicher Existenzen, der Gesundheit und Umwelt unter dem Deckmantel der Hungerbekämpfung sichern. Dabei gewinnen sie zunehmend Einfluss auf Regierungsprogramme sowie UN-Gremien. So werden Investmentfonds zu Akteuren der Entwicklungshilfe und Lebensmittelkonzerne wie Nestlé oder Coca Cola verschreiben sich angeblich dem Kampf gegen Mangelernährung. Mit diesen erschreckenden Entwicklungen befasst sich der Schwerpunkt dieser Ausgabe.
Angesichts dieser Entwicklungen, ist der Einsatz für das Recht auf Nahrung umso wichtiger geworden. Menschenrechtsarbeit braucht einen langen Atem und Kontinuität. Daher freuen wir uns, auch von einigen Erfolgen auf dem Weg zu einer Welt frei von Hunger berichten zu können: Das EU-Parlament erkennt die Landkonzentration in Europa als Problem an, sowie dass die gemeinsame europäische Agrarpolitik dazu beiträgt (Seite 8). Österreich will sich an der Sitzung der UN-Arbeitsgruppe zur Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen einbringen (Seite 9) und Österreich hat im Rahmen des UPR-Verfahren am Menschenrechtsrat in Genf zumindest einen Teil der Vorschläge von FIAN Brasilien und dem Indigenenrat CIMI sowie eine konkrete Empfehlung zu Rechten von Indigenen in seinem Statement aufgenommen (Seite 11).
Während die Rolle von Investitionen aus China oder den Golfstaaten mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, wurde die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten im globalen Land Grabbing bisher eher selten beleuchtet. Die Publikation „Land Grabbing and Human Rights: The Role of EU Actors Abroad“ von FIAN International und „Hands on the Land for Food Sovereignty“ zeigt, inwiefern verschiedenste Akteure der EU an Land Grabbing und damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind.
Diese Publikation ist die Kurzfassung einer Studie von 2016 von FIAN International und niederländische Institute for Social Studie (ISS), die vom EU-Parlament in Auftrag gegeben wurde.
Rund 4.000 Vertriebenen verloren im August 2001 für den Bau einer deutschen Kaffeeplantage ihren gesamten Besitz, einige starben an den Folgen der Vertreibung. Dieses Factsheet erzählt von den Verstrickungen der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe in diesen Landraub.
Die Studie analysiert die Rolle der EU bei der globalen Jagd nach Land. Es werden neben Länderbeispielen aus Mosambik, Uganda und Äthiopien auch die europäische Investitions-, Entwicklungs- und Agrartreibstoffpolitik unter die Lupe genommen.
„Perle Afrikas“ wird Uganda seit der britischen Kolonialzeit genannt. Doch das immergrüne Land am Viktoriasee wird seit Jahrzehnten arg gebeutelt. Ein Bürgerkrieg folgt dem anderen. Doch auch im Frieden werden die Menschenrechte der EinwohnerInnen immer wieder verletzt. Die Regierung setzt auf Industrialisierung und einen Umbau der ‚primitiven‘ Subsistenzlandwirtschaft zur Exportlandwirtschaft. Mittel hierzu ist die Herstellung möglichst investorenfreundlicher Rahmenbedingungen, auch auf Kosten von ArbeiterInnen- und anderen Rechten. Gerne legt Präsident Museveni auch selber Hand an, um etwa Ugandas erste Großkaffeeplantage in Mubende einzuweihen, für die zuvor mehr als 2.000 Menschen ohne Entschädigung von ihrem angestammten Land vertrieben worden waren, oder um rechtswidrig die Entlassung von streikenden Textilarbeiterinnen durchzusetzen.
Menschenrechtsarbeit ist unter diesen Bedingungen nicht einfach. Der Fall der Mubende-Plantage ist inzwischen bereits seit sechs Jahren anhängig, und bisher folgte noch auf jeden Fortschritt gleich wieder ein Rückschlag. Ihre Prestigeprojekte lässt sich die Regierung nicht so leicht madig machen. Aber so leicht steckt auch FIAN nicht auf, sondern hat in diesem Oktober eine neue internationale Eilbriefaktion gestartet.
Und die Beharrlichkeit zahlt sich auch immer wieder aus. Der Widerstand der ugandischen Blumenindustrie gegen die gewerkschaftliche Organisierung der PlantagenarbeiterInnen wurde unter anderem auch durch eine Briefaktion FIANs in diesem Frühling gebrochen. Der Mubende-Fall steht in diesem Herbst auch im Mittelpunkt der neuen europäischen Kampagne Face-It-Act-Now, über die wir ebenfalls in diesem Heft berichten und für die wir alle herzlich zur Mitarbeit einladen.
Wir nutzen Cookies dazu, unsere Website zu verbessern. Mehr lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Hier können Sie auch lesen, wie Sie die Cookies ausschalten können.