Indien: Kleinbäuer:innen in Odisha weiterhin von Vertreibung und Umweltzerstörung bedroht

Seit 2005 protestiert die Landbevölkerung im Bezirk Jagatsinghpur (Bundestaat Odisha) gegen Umweltzerstörung und die unrechtmäßige Aneignung ihres Landes. Dort sollen Industrieanlagen und Infrastruktur – darunter Stahl- und Zementwerke, ein Kraftwerk und ein Hafen – errichtet werden. FIAN Österreich rief in Zusammenarbeit mit FIAN International im März 2022 zu einer Briefaktion auf, um mehr als 40.000 Kleinbäuer*innen, Landarbeiter*innen und Fischer*innen vor dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen zu schützen. Zu Jahresbeginn berichtet der Sprecher der Bewegung von Polizeirepression, gewaltsamen Übergriffen und zunehmenden Festnahmen und erneuert dringend die Forderungen.

Die Dorfbewohner:innen in den Dörfern Dhinkia, Nuagaon, Gobindpur und Noliyasahi im Ersama-Block im Bezirk Jagatsighpur setzen ihren starken Protest gegen die Übertragung von über 1.173,58 Hektar Land an JSW Utkal Steel Ltd. fort, für die nie eine Absichtserklärung zwischen der Regierung und der Jindal-Gruppe unterzeichnet wurde. Die Anti-Jindal-Bewegung berichtet von Repressionen gegen ihren Widerstand. Im vergangenen Jahr hätten Verhaftungen und gezielte Verfolgung von Aktivist:innen in 11 Dörfern so stark zugenommen, dass die Bewohner:innen sogar flohen, um Verhaftungen zu entgehen. In den letzten sechs Monaten wurden über 60 Aktivisten verhaftet und gegen Kaution freigelassen, derzeit laufen nach Schätzungen der Gruppe rund 80 Strafverfahren gegen eintausend Personen. Aktivist:innen der National Alliance of People's Movements (NAPM) seien darüber hinaus daran gehindert worden, die Baustelle zu besuchen und das Problem mit den Einheimischen zu besprechen.

Dies ist nicht nur ein Kampf um unser Land, sondern gleichzeitig auch ein Kampf um unser Überleben und unsere Lebensgrundlage.

Die Jindal-Gruppe berichtet, dass Verwaltung und JSW Utkal Steel Ltd. illegal und gewaltsam die Wohnhäuser abreißen und die Betelweinberge zerstören, welche die einzige Lebensgrundlage für rund 25 000 Menschen in der Region sind. Das Gebiet verfügt über eine nachhaltige, lebendige Agrarwirtschaft, die durch den Bau eines Stahlwerks unwiederbringlich zerstört würde. Die Wirtschaft der Region hängt von diesen Betelreben ab, die in die großen Städte verkauft werden.

Das geplante Bauprojekt verstößt auch gegen den indischen Rechtsrahmen. Das Landerwerbsgesetz sieht als Erfordernis die vorherige Zustimmung der betroffenen Familien vor, welche nicht gegeben wurde. Dies macht den Prozess des Erwerbs ebenfalls illegal und willkürlich. Gemäß dem Gesetz über das Recht auf gerechte Entschädigung und Transparenz bei Landerwerb, Rehabilitation und Umsiedlung (LARR) aus dem Jahr 2013 soll "Land, das erworben und in Besitz genommen, aber nicht innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Inbesitznahme genutzt wurde, in jedem Fall an den ursprünglichen Landeigentümer zurückfallen." Diese Bestimmung wurde missachtet. Gemäß dem Forest Rights Act von 2006 müssen Industrieprojekte, bei denen geschützte Waldressourcen abgezweigt werden, die Zustimmung der betroffenen Gemeinden einholen, und zwar durch Beschlüsse der Gram Sabhas (Dorfräte). Bei mehreren Gelegenheiten haben die Gram Sabhas von Dhinkia und den umliegenden Dörfern mehrheitlich Beschlüsse gegen die Abtretung ihres Landes und der gemeinschaftlichen Waldressourcen gefasst, die für die Erhaltung ihrer Lebensgrundlage und einer gesunden Umwelt von entscheidender Bedeutung sind. Diese Resolutionen wurden routinemäßig missachtet.

Da die meisten Dorfbewohner:innen auch der Kategorie der "scheduled caste" angehörten, also einer sozial benachteiligten Gruppe, der per Verfassung Sonderrechte zukommen, ist der Staat dementsprechend verpflichtet, ihre wirtschaftlichen und bildungspolitischen Interessen zu fördern und zu schützen. Die Betroffenen fordern die beteiligten Akteure dazu auf, alle Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, des Pariser Klimaabkommens und der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) umzusetzen und Landenteignungen umgehend zu stoppen.

FIAN Österreich ruft seit 2022 mit einer Eilaktion dazu auf, die Betroffenen solidarisch zu unterstützen. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich angesichts der weiterhin dramatischen Lage auch weiterhin an der Brief-Aktion beteiligen!

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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