Fallarbeit Kambodscha: Landverlust durch Überschuldung

Die Vergabe von Mikrokrediten erzielt nicht immer den erhofften Effekt der Armutsbekämpfung. Ganz im Gegenteil: In Kambodscha führen Mikrokredite oft zur Überschuldung der Ärmsten, die auf Drängen der Kreditinstitute ihr Land verkaufen müssen, um ihre Schulden zu begleichen.

Foto: FIAN

Schon vor der Corona-Pandemie gehörte Kambodscha zu den Staaten mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung im Mikrokreditsektor weltweit. Durch die ökonomischen Folgen der Gesundheitskrise verschärfte sich die Situation und das UNDP berichtete von einer Verdopplung der Armut in Kambodscha. Als Hauptkreditnehmer*innen sind vor allem Frauen betroffen und oftmals müssen minderjährige Haushaltsmitglieder eine Lohnarbeit aufnehmen, um ihre Familie zu unterstützen. Die durchschnittliche Verschuldung beläuft sich bereits auf über 4.000 Dollar pro Kopf. Die Zinsen auf Mikrokredite liegen in Kambodscha bei 18 Prozent.

Recht auf Nahrung verletzt

Da die Kredite häufig mit Landtiteln abgesichert werden, führen Zahlungsrückstände oftmals zu Landverlust und somit zum Verlust der Existenzgrundlage. Die unvollständige Dokumentation der Landverkäufe, die oft ohne Gerichtsbeschluss stattfinden, verzerrt das Bild der prekären Lage. Viele betroffene geben laut einer gemeinsamen Studie von CATU, CENTRAL und LICADHO (2020) an, aufgrund ihrer Zahlungsschwierigkeiten weniger und schlechter zu essen. Die Ernährungsunsicherheit in Kambodscha verschlimmert sich, das Recht auf Nahrung der Betroffenen wird verletzt.

MFIs üben Druck auf Betroffene aus

Neben der ökonomischen Last bei Rückzahlungsverzug der Kredite, sind MFIs darauf bedacht, die negative Entwicklung der Rate sogenannter „notleidender Kredite“ – also nicht zurückgezahlter Kredite – möglichst abzuwenden. Diese spielt nicht für potenzielle Investor*innen, die bei einer hohen „notleidenden“ Rate abgeschreckt würden, eine Rolle, sondern auch für die Zuschüsse aus der Entwicklungszusammenarbeit, bei der ein „gesunder“ Mikrokreditsektor ausschlaggebend für die Vergabe dieser Gelder ist.
Um den Zahlungsverzug zu bremsen, beschlagnahmen MFIs hinterlegte Sicherheiten, i.d.R. Landtitel oder drohen dies an. Obwohl der Großteil der Bevölkerung Kambodschas verschuldet und der Mikrokreditmarkt übersättigt ist, vergeben MFIs weiterhin immer höhere Kredite an bereits verschuldete Kund*innen.
In Kambodscha gibt es kein funktionierendes Kundenschutzsystem, die Betroffenen können zudem oft weder lesen noch schreiben. Vielfach wissen sie nicht, worauf sie sich eingelassen haben.
 

MFIs werden auch durch europäische Akteure finanziert

In der Entwicklungszusammenarbeit galten Mikrokreditprogramme lange als wesentliches Instrument der Armutsbekämpfung. Durchschnittliche Zinserträge von 20 % erbringen den MFIs, staatlichen und privaten Investor*innen sowie privaten Anleger*inne satte Erträge.
Auch die Europäischen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen (EDFIs), darunter die OeEB, sind in Kambodscha mit Krediten beteiligt. Somit steht die Europäische Entwicklungspolitik in der Verantwortung die menschenrechtlichen Risiken der Mikrokredite in Kambodscha zu minimieren und sicherzugehen, dass es zu keinen Menschenrechtsverletzungen kommt. In Kambodscha ist konkret das Recht auf Nahrung betroffen, da Kreditnehmer*innen bei erzwungenen Landverkäufen die zentrale Grundlage ihrer Ernährungssicherheit verlieren, was Hunger und Mangelernährung zur Folge hat.
Neben den öffentlich Akteuren sind allerdings auch einige private „ethische“ Banken beteiligt. Als Beispiel ist hier etwa Oikocredit zu nennen.
Die alle wurden über die Problematik in Kenntnis gesetzt. Die OeEB versicherte, auf die Missstände einzugehen und notwendige Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Seitens des privaten Sektors gibt man sich allerdings verschlossen. FIAN bleibt dran!

Rückfragen:

Lukas Schmidt, FIAN Österreich
E-Mail: lukas.schmidt@fian.at

Mathias Pfeifer, FIAN Deutschland
E-Mail: m.pfeifer@fian.de

Naly Pilorge, LICADHO
Tel.: (+855) 12 214 454 (Englisch)

Studien:

LICADHO/SST (2019): Collateral Damage: Land Loss and Abuses in Cambodia's Microfinance Sector

LICADHO (2020): Driven Out. One Village’s Experience with MFIs and Cross-Border Migration. A Briefing Paper.

CATU, CENTRAL, LICADHO (2020): Worked to Debt. Over-Indebtedness in Cambodia’s Garment Sector

 

 

Nepal: FIAN erstreitet Landrechte, Wasserzugang und Lohngerechtigkeit

Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.

UN-Sozialausschuss: Frauen im ländlichen Raum fordern Klimagerechtigkeit und ein Ende der Umweltzerstörung in Honduras

In dieser Woche wird der Staat Honduras in Genf Fragen des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) zu seiner Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte beantworten. Außerdem wird ein informeller Dialog mit der Zivilgesellschaft stattfinden, um die Ausschussmitglieder über die Menschenrechtslage im Land zu informieren.

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