Zivilgesellschaft in Kambodscha erringt nach jahrzehntelangem Kampf EU-Entscheidung

Menschenrechtsprüfung durch die EU-Kommission kann zu Entzug der Handelspräferenzen (im Rahmen der EU-Handelsinitiative „Everything but arms“ - EBA) mit Kambodscha führen

Foto (c) FIAN

Seit 2011 fordert FIAN zusammen mit kambodschanischen und internationalen Organisationen, insbesondere lokaler Gruppen Betroffener, eine Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Kambodscha. Im Zusammenhang mit der EBA war es zu Landvertreibungen von Kleinbäuer*innen zugunsten von Zuckerrohrplantagen von (meist) ausländischen Investoren gekommen. Im September 2012 wurde ein weiterer Appell der betroffenen Gemeinden den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission überreicht. Immer wieder hat die EU-Handelskommissarin einer Untersuchung des sogenannten „Blutzuckers“ aus Kambodscha eine Absage erteilt. Selbst mehrere Aufforderungen des Europaparlamentes wurden ignoriert. Nun hat die EU-Kommission am 12.2.2019 ihre Entscheidung im Official Journal of the European Union publiziert. Es wird einen sechs-monatigen Monitoring- und Evaluationsprozess geben, innerhalb dessen es im Juli 2019 zu einer Untersuchungsmission nach Kambodscha kommen wird.

Kleinbäuer*innen im Kampf für ihr Recht auf Nahrung

Das ist ein historischer Sieg für all die kambodschanischen Kleinbäuer*innen und Aktivist*innen, die seit einem Jahrzehnt für ihr Menschenrecht auf Nahrung kämpfen. Seit 2010 protestieren betroffene Kleinbäuer*innen und Aktivist*innen gegen das Vorgehen der kambodschanischen Regierung. Zuletzt reisten im Juli 2018, vor den Nationalwahlen, mehr als 23 Personen aus Gemeinden, die über 2400 Familien repräsentieren, nach Phnom Penh, um Petitionen an relevante Ministerien und Politiker*innen zu überreichen. Sie wurden durch Sicherheitskräfte blockiert und davon abgehalten mit dem Auto zu reisen. Stattdessen wurden sie dazu gezwungen aus ihrer Provinz zu Fuß in die Hauptstadt zu gehen. Trotz Einschüchterungsversuchen, Schikanen und Gewalt durch Militär und Polizei, erreichten die Gemeinden durch verschiedenste Aktionen und Mobilisierung eine Rückgabe von etwa 1.000 Hektar Land. Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil dessen, was die lokale Bevölkerung besaß und genutzt hatte, bevor die „Investoren“ kamen.

Seit der Entscheidung der EU-Kommission vom Februar 2019, dass es einen Evaluierungsprozess des EBA geben soll, dokumentierte die Kambodschanische Liga zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte (LICADHO) 12 Proteste, Petitionen und Besuche relevanter Politiker*innen und Minister*innen. An diesen Aktionen haben 850 Teilnehmer*innen teilgenommen, die tausende von Gemeindemitglieder aus sieben Provinzen repräsentieren, inklusive Koh Kong, Preah Vihear und Preah Sihanouk. Diese andauernden Proteste sind bemerkenswert, da der Monat April großteils den Khmer Neujahr-Festivitäten gewidmet ist.

EU untersucht „Blutzucker“

Nach dem sechs-monatigen Monitoringprozess und der Untersuchungsmission in Kambodscha im Juli 2019 folgt ein sechs-monatiger Prozess der Berichtlegung. Die finale Entscheidung einer Aberkennung wird von der EU Kommission durchgeführt, nachdem die Meinung des EU Parlaments und EU Rats hinzugezogen wird. Nach einem sechs-monatigen Gnadenzeitraums wird die Aberkennung durchgeführt, wenn die kambodschanische Regierung nicht adäquat auf die vorgelegten Ergebnisse reagiert. Der Bericht der EU wird im Februar 2020 erwartet. FIAN fordert die EU-Kommission angesichts der anhaltenden, systematisch vorangetriebenen Erosion der Grundrechte und des Rechts auf Nahrung in Kambodscha weiterhin dazu auf, Kambodscha Handelspräferenzen, zumindest für Zucker, zu entziehen und die Forderung nach Entschädigung der Betroffenen vor Ort zu unterstützen.

 

 

 

 

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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