Welternährungstag: Strukturelle Ursachen von Hunger in den Blick nehmen

Welternährungstag: Brot für die Welt und FIAN Österreich legen Jahrbuch zum Recht auf Nahrung vor

Mit Blick auf den Welternährungstag (16.10.) weisen Brot für die Welt und FIAN Österreich darauf hin, dass die Zahl der Hungernden seit sechs Jahren kontinuierlich ansteigt, auf heute rund 811 Millionen. Hinzu kommen diejenigen, die zeitweise hungern, etwa weil die Vorräte vor der neuen Ernte aufgebraucht sind: 2020 waren dies 2,4 Milliarden Menschen, 720 Millionen mehr als noch 2014.

„Corona, Klimawandel und Kriege verschärfen die ohnehin dramatische Situation. Es greift jedoch zu kurz, allein diese Gründe zu betrachten. Wir müssen endlich die strukturellen Ursachen des Hungers angehen“, sagt Nina Hechenberger, die Leitung von Brot für die Welt Österreich bei der heutigen Vorlage des Jahrbuchs zum Recht auf Nahrung. „Wenn ein Drittel der Weltbevölkerung nicht ausreichend zu essen hat, obwohl weltweit genug geerntet wird und die Getreidelager voll sind, läuft etwas dramatisch schief.“

Das neue Jahrbuch identifiziert drei bedeutende Hindernisse für die Durchsetzung des Menschenrechts auf Nahrung: eine weltweit beobachtbare Schwächung öffentlicher Institutionen, die Verhinderung transformativer Lösungsansätze wie der Agrarökologie durch den Einfluss der Agrarindustrie sowie die Vernachlässigung von traditionellem bäuerlichem Wissen zugunsten industrienaher Forschung. All dies verschärft die Diskriminierung armer und hungernder Menschen.

Dementsprechend sehen Brot für die Welt und FIAN Österreich, die das Jahrbuch mitherausgeben, die Verteidigung und Stärkung öffentlicher Institutionen als einen zentralen Beitrag zur Hungerbekämpfung. „In Hungerzeiten müssen lokale Ernährungssysteme gestützt werden. Die COVID-Maßnahmen haben jedoch in vielen Ländern die industrielle Landwirtschaft begünstigt und Kleinbäuer*innen weiter an den Rand gedrängt. Statt die Lösung der wachsenden Hungerkrise bei globalen Konzernen zu suchen, müssen die Vereinten Nationen und nationale Regierungen die Vereinnahmung der Nahrungsmittel durch Konzerne beenden. Dafür braucht es verbindliche Regelungen, etwa durch ein Lieferkettengesetz, wie die zivilgesellschaftliche Kampagne ‚Menschenrechte brauchen Gesetze‘ fordert“, so Lukas Schmidt, Geschäftsführer von FIAN Österreich.

Von der Bundesregierung erwarten Brot für die Welt und FIAN, dass sie die strukturellen Ursachen von Hunger und Mangelernährung in den Blick nimmt. „Wir appellieren an die Regierung, dass sie die finanziellen Mittel des Außenministeriums für die Hungerbekämpfung stärker für die Förderung der Agrarökologie einsetzt, traditionelles bäuerliches Wissen etwa indigener Völker deutlich stärker in ihre Strategien einbezieht und die Rechte von Kleinbäuer*innen stärkt. Nur dann wird es gelingen, Hunger und Mangelernährung zurückzudrängen und angesichts des Klimawandels resistente Ernährungssysteme zu schaffen“, so Nina Hechenberger.

 

Download Jahrbuch zum Recht auf Nahrung (englisch)

Das Jahrbuch zum Recht auf Nahrung („Right to Food and Nutrition Watch“) wird vom Global Network for the Right to Food and Nutrition herausgegeben. Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN gehören dem Netzwerk an. Das Jahrbuch erscheint in englischer, französischer und spanischer Sprache.

Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze"

Die zivilgesellschaftliche Kampagne wird von einem breiten Bündnis aus NGOs und Arbeitnehmer*innenvertretungen getragen, dem auch Brot für die Welt und FIAN Österreich angehören.

 

Rückfragen:

FIAN Österreich: tina.wirnsberger@fian.at

Brot für die Welt: a.kolodziejczyk@brot-fuer-die-welt.at

 

 

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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