Uganda: Vertriebene Kleinbäuer*innen leiden an akutem Hunger

Ausbleibender Regen und 18 Jahre Warten auf Gerechtigkeit

Grundschüler*innen stehen Schlange für das Schulmittagessen, das nur aus ungesüßtem Maisbrei besteht (02.07.2019) ©FIAN

Im Fall der gewaltsamen Vertreibung von rund 400 Kleinbauernfamilien in Uganda zugunsten einer Kaffeeplantage des deutschen Unternehmens Neumann Kaffee Gruppe gibt es neue Entwicklungen. Das Hohe Gericht in Kampala hat eine Mediation angeordnet. Für die Vertriebenen bedeutet das einen kleinen Hoffnungsschimmer. Sie warten seit der Vertreibung 2001 auf Gerechtigkeit. Momentan ist ihre Situation besonders besorgniserregend, da sie aufgrund des ausbleibenden Regens akut hungern. FIAN begleitet den Fall seit 2003 und war in der vergangenen Woche vor Ort. FIAN schließt sich Appellen für humanitäre Hilfe in Mubende an.

2001 wurden rund 4.000 Menschen vom ugandischen Militär vertrieben. Das Land wurde der deutschen Neumann Kaffee Gruppe für den Aufbau der Kaweri Coffee Plantation übergeben. Die Vertriebenen streiten seitdem gerichtlich für Wiedergutmachung und Entschädigung. Am 1. Juli 2019 hat der Richter des Hohen Gerichts in Kampala im Verfahren gegen das Unternehmen und den ugandischen Staat bis zum 28. August 2019 ein Mediationsverfahren angeordnet. Einerseits ist die Hanns R. Neumann-Stiftung Partner der Entwicklungszusammenarbeit und gleichzeitig gibt es andauernde Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem ugandischen Tochterunternehmen des Konzerns. Jetzt kann insbesondere die deutsche Bundesregierung beweisen, dass sie ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen in diesem Fall ernst nimmt“, erläutert FIAN-Referentin Gertrud Falk, die in der vergangenen Woche vor Ort war. Es müssen nun alle Möglichkeiten genutzt werden, um die ugandische Regierung und das Unternehmen endlich zum Einlenken zu bewegen.

Ausbleibender Regen: Akuter Hunger

FIAN ist darüber hinaus besorgt über den akuten Hunger unter den Vertriebenen: Ihnen fehlt aufgrund der Vertreibung ausreichendes Ackerland zum Anbau von Nahrungsmitteln. Zusätzlich sind sie nun schutzlos den Folgen der Klimakrise ausgesetzt. Der übliche Regen ist in dieser Anbausaison ausgeblieben, so dass Gemüse und Getreide nicht gewachsen sind. „Die Vertriebenen leben von der Hand in den Mund und können keine Lebensmittelreserven aufbewahren. Vor allem Frauen und Kinder leiden unter Hunger und Mangelernährung“, so Melanie Oßberger von FIAN Österreich. FIAN fordert die internationale Staatengemeinschaft daher auf, den Vertriebenen schnell humanitäre Hilfe zu leisten.

Bereits 2015 hat der UN-Sozialausschuss seine Besorgnis über die Vertreibung in Mubende ausgedrückt sowie darüber, dass die Landrechte der Betroffenen weiterhin missachtet werden. Deutschland hat - wie Österreich - den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte ratifiziert, in dem das Recht auf Nahrung verfasst ist. Die Rechte des Pakts müssen auch außerhalb der eigenen Staatsgrenzen geachtet und gefördert werden. In seinem Rechtskommentar zu Wirtschaft und Menschenrechten weist der zuständige UN-Sozialausschuss darauf hin, dass Staaten verpflichtet sind, Verstöße gegen diese Rechte durch Unternehmen unter ihrer Kontrolle sowie deren Tochterunternehmen auch außerhalb der eigenen Staatsgrenzen zu verhindern und Abhilfe zu schaffen.

Kontakt:
Melanie Oßberger, melanie.ossberger@fian.at

Weitere Informationen:

Dokumentation des Falls
Hintergrundbroschüre: Coffee to Go – die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen
Empfehlungen des UN-Sozialausschusses an Uganda zu dieser Vertreibung: Dokument E/C.12/UGA/CO/1, Absatz 30
Rechtskommentar des UN-Sozialausschusses zu Wirtschaft und Menschenrechten (Englisch): Abschnitt C zu Extra-territorialen Staatenpflichten

 

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

nach oben