Land Grabbing in Osteuropa

Die Rolle österreichischer Unternehmen Besonders in Osteuropa schreiten Landkonzentration und Land Grabbing rapide voran. Aktuelle Recherchen von FIAN Österreich zeigen: Auch österreichische Akteure mischen im Wettlauf um Land mit und eignen sich im großen Stil Land in Rumänien, Serbien und Ungarn an. Die Bäuerinnen und Bauern vor Ort profitieren vom Investitionsboom kaum, ganz im Gegenteil.

Der EU-Beitritt Ungarns und Rumäniens beinhaltete die Verpflichtung der Liberalisierung des Landmarktes. Das bedeutet auch die Öffnung des Landmarkts für ausländische Käufer und Käuferinnen, die 2014 voll in Kraft treten soll. Zusammen mit dem Fehlen staatlicher Hilfe für kleine und mittlere bäuerliche Betriebe trägt das zu Land Grabbing und zur steigenden Konzentration von Landeigentum bei.

 „Der Zugang zu Land ist auch in Europa eine menschenrechtliche Angelegenheit, denn ein Teil der europäischen Bevölkerung ist für seine Lebensgrundlage auf direkten Zugang zu Land angewiesen. Die Verwaltung von Land muss auch in Europa auf die nachhaltige Produktion von gesunden Nahrungsmitteln für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung abzielen, anstatt auf die Profite einiger weniger machtvoller Akteure“, so Brigitte Reisenberger von FIAN Österreich.

 Rumänien: Bonanza für neue Großgrundbesitzer

„Am Gipfel des internationalen Wettlaufs um Land und Ressourcen, stehen Millionen Kleinbäuerinnen vor dem Verschwinden und junge Bauern werden in die Auswanderung gedrängt. Das muss ein Ende haben“, so Attila Szocs von Ecoruralis, einem Kleinbäuer_innen-Netzwerk in Rumänien. Mit ihren Produkten sind die Kleinbäuer_innen oft nicht konkurrenzfähig und der Verkauf des Bodens bleibt als einzige Option. Im Versuch der Armutsspirale zu entkommen, finden sie sich dann nicht selten als schlecht bezahlte und prekär beschäftigte Erntehelfer_innen in Westeuropa wieder – auch in Österreich. Im Jahr 2013 kam der überwiegende Teil der migrantischen Erntehelfer_innen in Österreich aus Rumänien. Dort befinden sich trotz noch bestehender gesetzlicher Hürden bereits 700.000 Hektar Agrarland in den Händen von transnationalen Unternehmen. Österreichische Investoren sollen bereits sechs Prozent dieser 700.000 Hektar kontrollieren. Die Aussicht auf EU-Agrarsubventionen unterstützt diese Entwicklungen. Die Hälfte der rumänischen EU-Agrarsubventionen im Jahr 2012 wurde von nur einem Prozent der Höfe bezogen, die je über 500 Hektar groß sind.

Österreichische Investoren sind in Rumänien dicht vertreten. Andreas Bardeau, Honorarkonsul von Rumänien, steht für zahlreiche österreichische Agrarier, die in Rumänien in Grund und Boden investieren. Firmen, die dem österreichischen Investor zugeordnet werden, kaufen in den westlichen Landkreisen Timis und Caras-Severin Land auf und investieren in Ackerbau und Rinderhaltung. Ziel ist die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken - Klein- und Mittelbetriebe können da meist nicht mithalten. Bardeaus Erfolg hat auch andere österreichische Unternehmen angezogen. Die AMB Agro Company bewirtschaftet in Oltenien seit 2007 eine Gesamtfläche von 700 Hektar. Neben dem Agrarbereich stößt auch die Energie- und Holzwirtschaft nach Osteuropa. Holzindustrie Schweighofer ist im Holzsektor Rumäniens aktiv und stößt mit seinen Investitionen derzeit auf starken lokalen Widerstand. Schweighofer verdränge mit seinen Sägewerken Kleinunternehmen und für den Holzbedarf von Schweighofer würden Waldflächen exzessiv abgeholzt, so lauten die Vorwürfe lokaler NGOs. Besonders rund um ein neues Sägewerk in Reci sammeln sich die Proteste.

Serbien: Entwicklungsgelder für Großkapital

Während viele Nachbarländer versuchen ausländische Investitionen in Land zu erschweren, treibt Serbien die Liberalisierung des Landmarkts aktiv voran. In manchen Fällen versuchten Zusammenschlüsse von Kleinbäuer_innen im Wettbewerb gegen Großgrundbesitzer_innen standzuhalten und Staatsland in ihrer Gegend zu pachten. Das führte zu Konflikten bei öffentlichen Auktionen. Kontraktpartner des österreichischen Unternehmens Advance Management bewirtschaften in Serbien bereits eine Gesamtfläche von 100.000 Hektar. Auf den Flächen wird von vorwiegend großen privaten und staatlichen Betrieben über Vertragsanbau Weizen, Mais- und Sonnenblumensaatgut produziert. Die vier größten serbischen Landeigentümer besitzen zusammen mehr als 100.000 Hektar Land. Einer von ihnen ist die MK Group mit 24.000 Hektar. Die MK Group Serbien zählt zu den führenden Agrarunternehmen Südosteuropas und produziert unter anderem Zucker, Mais und Weizen. Unterstützt wird die MK Group Serbien dabei durch einen Kredit der österreichischen Entwicklungsbank in der Höhe von 15 Millionen Euro. Die MK Group hat bereits ihre Fühler in die Ukraine ausgestreckt und dort in weitere 40.000 Hektar Land investiert.

 „Landwirtschaftliche Böden dürfen nicht an Marktspekulanten oder Agrarbusiness-Unternehmen verkauft werden. Serbien erwirtschaftet die höchsten Profite über den Export von landwirtschaftlichen Produkten, aber gleichzeitig sterben in Serbien Menschen an Hunger. Solange das so ist, bedeutet das, dass die Dinge gegen jegliche Vernunft organisiert sind. Die lokale Bevölkerung muss die Kontrolle über ihre natürlichen Ressourcen und die darauf erwirtschafteten Profite haben und diese müssen gerecht innerhalb der Bevölkerung verteilt werden, anstatt der Geschäftemacherei einer kleinen Gruppe von Personen zu dienen“, so Milenko Srećković von Pokret za Slobodu - einer serbischen Arbeiter_innen- und Kleinbäuer_innen-Organisation.

Ungarn: Kleinbauern verdrängt

Nach Schätzungen des österreichischen Landwirtschaftsministeriums bewirtschaften rund 200 österreichische Betriebe 200.000 Hektar Land in Ungarn, das sind vier Prozent der ungarischen Agrarfläche. In einigen Dörfern nahe der österreichischen Grenze wurden bereits 80 Prozent des Agrarlandes aufgekauft oder verpachtet. Die Landkonzentration bedingt soziale Spannungen in den ländlichen Regionen Ungarns. Die Anzahl der Bauern und Bäuerinnen reduziert sich, Dörfer werden verlassen, die bäuerliche Bevölkerung überaltert zusehends. Die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln wird mehr und mehr zerstört. Landinvestitionen werden in Ungarn aber nicht nur von ausländischen Investoren vorangetrieben. Nationale Oligarchen haben in den letzten zwei Jahrzehnten enge Beziehungen zu Ungarns politischer Elite aufgebaut und sich große Landflächen und die damit einhergehenden EU-Agrarsubventionen angeeignet.

FIAN Österreich, 2014: „Landkonzentration und Land Grabbing in Osteuropa. Die Rolle österreichischer Unternehmen.“

Rückfragehinweis: Brigitte Reisenberger, 0699 18 33 00 33, brigitte.reisenberger@fian.at

Mikrofinanzkrise: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Mikrokredite entpuppen sich in Kambodscha seit Jahren als Schuldenfalle. Während sie europäischen Investoren Profite bringen, führen sie vor Ort zu Landverlust, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem hat der sogenannte „ethische“ Investor Oikocredit seine Investitionen in Kambodscha sogar noch erhöht. Drei NGOs legen daher nun Beschwerde gegen Oikocredit bei der OECD ein.

Kambodscha: Von deutscher Bundesregierung geförderte Studie bestätigt gravierende Probleme im Mikrokreditsektor

Eine vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Studie bestätigt das Problem der weitverbreiteten Überschuldung in Kambodscha durch Mikrokredite. Dieses führt zu einer „bedenklich hohen“ und „nicht akzeptablen“ Zahl von Landverkäufen. Wichtige Geber des kambodschanischen Mikrofinanzsektors sind verschiedene europäische und multinationale Entwicklungsbanken sowie private „ethische“ Investoren wie Oikocredit, Triodos Bank, Invest in Visions, Vision Microfinance und mit kleineren Beträgen die Bank im Bistum Essen und GLS Bank.
 

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