Guarani-Kaiowá: FIAN-Studie belegt erhebliche Ernährungsunsicherheit

77 % leiden an Ernährungsunsicherheit, 33,6 Prozent können ihre Familien nicht ausreichend ernähren.

In Brasilien stehen rund 60 % der bestehenden indigenen Ländereien und Gebietsansprüche noch nicht zur administrativen Regularisierung oder Demarkation. Die daraus resultierende Unsicherheit der Besitzverhältnisse ist der Kern mehrerer Menschenrechtsverletzungen und eines brutalen Landkonflikts, bei dem in den letzten vier Jahren 795 Indigene ermordet und 535 Selbstmorde begangen wurden. Die Guarani-Kaiowá in Mato Grosso do Sul gehören zu den Hauptopfern.

Menschenrechtsverletzungen und -verstöße, sozio-territoriale Konflikte und Unsicherheiten gegenüber den Guarani-Kaiowá werden vor allem durch das Eindringen von agroindustriellen Konzernen, Landbesitzern, Luxus-Eigentumswohnungen, illegalen Gefängnissen und dem Ausbau von Infrastruktur-Megaprojekten zum Transport von Rohstoffen verursacht. Es kam zu Konflikten zwischen bewaffneten Milizen, die von Bauern und ihren ländlichen Gewerkschaften gebildet wurden, sowie zu paramilitärischen Aktionen und Militäroperationen staatlicher Sicherheitskräfte ohne richterliche Genehmigung.

Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Diskriminierung

Die weit verbreiteten Verletzungen des Rechts der Guarani-Kaiowá auf angemessene Nahrung und Ernährung haben ihren Ursprung in der historischen und anhaltenden Enteignung ihres angestammten Landes. Diese räuberische Ausbeutung ihrer natürlichen Ressourcen hat zur Verschmutzung von Wasser, Land und Luft durch Pestizide und zur Verweigerung praktisch aller ihrer Menschenrechte geführt. Von der Schwierigkeit des Zugangs zu Dokumenten und öffentlichen Dienstleistungen über die psychische und physische Gewalt infolge des allgemeinen Rassismus bis hin zur Abhängigkeit von irregulär gelieferten Lebensmittelkörben gipfeln all diese Verstöße in alarmierenden Ausmaßen von Ernährungsunsicherheit und Hunger. Die ohnehin schon katastrophale Situation verschlechterte sich während des Bolsonaro-Regimes erheblich, das einen systematischen Abbau von Sozialpolitiken, -programmen und -strukturen sowie die Förderung indigenenfeindlicher Politiken und Stimmungen mit sich brachte.

Ernährungsunsicherheit und Hunger

FIAN Brasilien führte 2023 mit der Universität Grande Dourados in fünf Guarani-Kaiowa-Gemeinden eine Studie durch. Darin wurde festgestellt, dass 77 % der befragten Haushalte unter Ernährungsunsicherheit leiden sowie 33,6 % der Haushalte nicht genügend Nahrung haben, um ihre Familien zu ernähren. FIAN unterstützt die Gemeinden der Guarani-Kaiowá in ihren Forderungen nach Abschluss der Demarkationsprozesse ihrer indigenen Territorien und nach Schutz vor gewaltsamen Übergriffen im Zusammenhang mit der Wiederbesetzung ihres angestammten Landes. Gemeinsam mit den Betroffenen fordern wir österreichische und europäische Entscheidungsträger:innen zudem auf, dafür zu sorgen, dass durch bestehende und derzeit ausgehandelte Handelsabkommen sowie Praktiken von Unternehmen der Landkonflikt nicht weiter angeheizt oder anderweitig zu Verletzungen der Rechte der Guarani-Kaiowá Bevölkerung beigetragen wird. Dazu gehört auch die Einfürhung eines Exportverbots von schädlichen Agrogiften, die in der EU verboten sind, nach Brasilien und in andere Länder.

Download der englischen Kurzfassung: Food and Nutrition Sovereignty and Security in the Guarani and Kaiowá Territories of Mato Grosso do Sul, Brazil

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

nach oben