Welternährungstag: Unfaire Regelwerke produzieren Hunger

Ein Fußballmatch illustriert das böse Spiel von Agrarkonzernen und Spekulanten 14.10.2011 Wien, Stephansplatz – Unter dem Motto „Ein unfaires Match“ luden FIAN Österreich, ÖBV-Via Campesina Austria und die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar zu einem (Schau )spiel der besonderen Art: Das Team der Agroindustrie „Eintracht Profit“ trat gegen den „FC Essen für Alle!, die Frau- und Mannschaft von Landlosen, Kleinbäuerinnen, armen Frauen und FischerInnen an.

Um anläßlich des Welternährungstages (16.10.) auf die strukturellen Ursachen von Hunger und Unterernährung aufmerksam zu machen, zeigten die veranstaltenden Organisationen im Bild eines Fußballspiels karrikierend die sehr ernsten strukturellen Probleme im Weltagrar- und Ernährungssystem auf: Agrarkonzerne und InvestorInnen kaufen oder pachten große Landflächen in Entwicklungsländern und berauben damit Kleinbauernfamilien, die bisher auf und von diesem Land gelebt haben, ihrer Lebensgrundlage. Im Spiel wird die Mittellinie zugunsten des „Eintracht Profit“ verschoben. Patente auf Saatgut ermöglichen es internationalen Kornzenen, die alleinige Kontrolle über Saatgut zu übernehmen. Das heißt im unfairen Match: Plötzlich alle Tore für die „Eintracht Profit“ – egal von wem sie erzielt wurden. Weitere Problemlagen wie die mangelnde Unterstützung für die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Entwicklungsländern, der schädliche Einfluss der Finanzmärkte, ungerechte Förderungen und Subventionen in den Industriestaaten und die wirtschaftliche und politische Macht der Agrarmultis werden so aufgezeigt.

Eindrücke vom Spielverlauf: „Zwei Mannschaften laufen auf’s Feld – aber welch ungleiches Bild: Das Team der Agroindustrie ist Dank des Sponsorings multinationaler Agrarkonzerne bestens ausgerüstet und besetzt strategisch die wichtigen Positionen. Die Frau- und Mannschaft von Landlosen, Kleinbäuerinnen, armen Frauen und FischerInnen hat keine einheitlichen Dressen und muss gegen eine Übermacht ankämpfen. Der Schiedsrichter ist der „freie Markt“. Gleich zu Beginn sorgt er für einen Aufreger: Der Torhüter der Mannschaft des Südens wird des Platzes verwiesen. „Liberalisieren!“ ruft der Schiri. „Protektionismus hat am Weltmarkt nichts verloren!“ Die Buchmacher jubeln – durch geschicktes Spekulieren sind sie die großen Gewinner abseits des Platzes…

Laut Welternährungsorganisation (FAO) hungern weltweit mehr als eine Milliarde Menschen. „Mehr als fünfzig Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist für sie das grundlegende Recht jedes Menschen, sich angemessen zu ernähren, nicht erfüllt“, kritisiert Gertrude Klaffenböck von der Menschenrechtsorganisation FIAN. „Diese täglich millionfachene Menschenrechts¬verletzungen bleiben weitgehend unbestraft. Im Gegenteil: Es werden unglaubliche Kraftanstregungen unternommen, um eine Wirtschafts-, Agrar- und Gesellschaftsordnung aufrecht zu erhalten, die Ausgrenzung und Marginalisierung vorantreibt und so Hunger und Unternährung ständig neu organisiert.“ stellt Klaffenböck empört fest.

Der überwiegende Teil des weltweiten Hungers hat strukturelle Ursachen, nur etwa einem Zehntel davon liegen Ursachen wie Dürre, Katastrophen oder Kriege zugrunde. „Ein Großteil der Menschen, die hungern, sind Kleinbäuer/innen. Immer mehr von ihnen werden systematisch am Zugang zu Land, Wasser, Saatgut und Märkten gehindert und im Namen des sogenannten „freien Marktes“ ins Abseits gedrängt. Ihre verzweifelten Versuche, sich dagegen zu wehren, werden kriminalisiert. Dabei sind es nach wie vor die Kleinbauern und insbesondere Kleinbäuerinnen, die den Löwenanteil der Lebensmittel weltweit produzieren – trotz der ungleichen Voraussetzungen!“, erklärt Irmi Salzer von der Bäuer/innenbewegung ÖBV-Via Campesina Austria.


Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar fordert ein Umdenken: „Wir dürfen vor der Tatsache nicht die Augen verschließen, dass unser Wirtschaftsmodell entscheidend dazu beiträgt, dass Millionen Menschen auf unserer Welt zu wenig zum Leben haben. Unsere Wirtschaft, unsere Politik, unser Lebensstil machen Hunger! So wie wir derzeit leben, stülpen wir den Menschen in den Armutsregionen unserer Welt die Folgekosten über.“

Fotodownload: Fotos: Brigitte Reisenberger, Abdruck honorarfrei http://www.flickr.com/photos/fianoesterreich/sets/72157627766119421/
Rückfragen bei:
Christian Herret, Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar, Tel. 0676/88 0111071,
christian.herret@dka.at
Irmi Salzer, ÖBV-Via Campesina Austria, irmi.salzer@viacampesina.at ; 0699-11827634
Gertrude Klaffenböck, FIAN Österreich, Tel. 0650 405 5511, e-Mail: gertrude.klaffenboeck@fian.at

 
 

Mikrofinanzkrise: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

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