Historisch: UN-Menschenrechtsrat will Kleinbauern besser gegen Agrarkonzerne schützen

NGOs kritisieren: EU hat jede Unterstützung vermissen lassen

Wien, Genf 28.9.2018 Der UN-Menschenrechtsrat hat heute eine UN-Erklärung für die „Rechte von Kleinbauern und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten“ verabschiedet. Für österreichische NGOs ist dies ein historischer Schritt zur Bekämpfung des weltweiten Hungers und gegen die Diskriminierung von Kleinbäuerinnen und –bauern weltweit. Sie kritisieren aber gleichzeitig die Stimmenthaltung der EU-Staaten.

Die UN-Erklärung mit 28 Artikeln bündelt eine Vielzahl von Rechten: das Recht auf Land und andere natürliche Ressourcen; auf Saatgut und Biodiversität; auf Souveränität bei Entscheidungen über ihre wirtschaftlichen Ziele und Ernährungsweisen; auf Leben, Freiheit, Unversehrtheit, Arbeit und vieles mehr. Sie muss nun noch von der UN-Generalversammlung angenommen werden.

Wichtiger Etappen-Erfolg: Bäuerliche Rechte stehen vor Anerkennung

„Regierungen gewähren den Interessen von Investoren häufig Vorrang gegenüber grundlegenden Menschenrechten kleinbäuerlicher Gemeinschaften. Mit der heute angenommenen UN-Erklärung werden Kleinbauern und -bäuerinnen und ihre Gemeinschaften besser gegenüber den Interessen der Agrarkonzerne geschützt. Die Deklaration ist ein großer Schritt, um die zunehmende Verdrängung von Kleinbauern und -bäuerinnen zu stoppen, Landflucht zu vermeiden, das Klima zu schützen und Ernährungssouveränität zu erlangen“, so David Jelinek, Obmann der ÖBV- Via Campesina Austria. Die internationale Bauernorganisation La Via Campesina hat Anfang der 2000er Jahre einen politischen Prozess zur Erarbeitung einer UN-Erklärung zur Stärkung der Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten, initiiert.

Bisherige Rechte nicht ausreichend

“Bisherige Menschenrechtsinstrumente der internationalen Staatengemeinschaft oder freiwillige Richtlinien reichen nicht aus, um der sich verschärfenden Menschenrechtslage dieser Gruppen entgegenzuwirken. Die nun im Menschenrechtsrat angenommene UN-Deklaration bietet Bauern und Bäuerinnen eine Möglichkeit sich besser gegen Menschenrechtsverletzungen zur Wehr zu setzen“, so Brigitte Reisenberger von FIAN Österreich. “Sie wird die Aufmerksamkeit für bäuerliche Kulturen schärfen, landlosen ArbeiterInnen mehr Gehör verschaffen und hoffentlich die Gesetzgebung in vielen Ländern in ihrem Sinne beeinflussen.“

EU-Staaten lassen Einsatz vermissen - Österreich gefordert

Die EU hat von Beginn an jede Unterstützung für die Erklärung vermissen lassen. Die EU-Staaten haben sich heute der Stimme enthalten, Großbritannien stimmte dagegen. Österreich hat als EU-Ratsvorsitz die Position der abstimmenden EU-Staaten mitkoordiniert. “Wir fordern die österreichische Bundesregierung dazu auf die Erklärung bei der kommenden UN-Generalversammlung von Oktober bis Dezember 2018 in New York zu unterstützen“, erklärt Julianna Fehlinger von Attac Österreich.

Hintergrund der UN-Erklärung sind die weltweit zunehmenden Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen der ländlichen Bevölkerung. Unter Leitung von Bolivien diskutierten VertreterInnen von Regierungen, ExpertInnen, die RechtsträgerInnen selbst sowie VertreterInnen von zivilgesellschaftlichen Organisationen seit 2012 die 28 Artikel und die Präambel der Erklärung. Die Unterstützung innerhalb des Menschenrechtsrates für die Erklärung ist im Laufe des Verhandlungszeitraumes kontinuierlich gewachsen.

In Österreich steht ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen hinter der UN-Deklaration: FIAN Österreich, ÖBV- Via Campesina Austria, Brot für die Welt Österreich, Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz, FAIRTRADE Österreich, Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, Attac Österreich, Arche Noah, Katholische Frauenbewegung Österreichs, Welthaus Diözese Graz-Seckau, Sezonieri - Kampagne für die Rechte von Erntehelfer_innen in Österreich, Südwind sowie die Arbeitsgemeinschaft Weltläden

Rückfragehinweis:

Brigitte Reisenberger, FIAN Österreich, brigitte.reisenberger@fian.at 0699 18330033

David Jelinek, ÖBV-Via Campesina Austria, david.jelinek@viacampesina.at, 0699 81 32 5868

Weitere Informationen:

Aktueller Text der UN-Erklärung

Webseite der Arbeitsgruppe im UN-Menschenrechtsrat zur Erarbeitung der Erklärung

Studie des Beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrats

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

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FIAN-Partner fördern Agrarökologie

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