Welternährung – Fehler der letzten Krise nicht wiederholen

Menschenrechtsorganisation FIAN präsentiert Analyse zu Ukrainekrieg und kritisiert Initiative von G7 & Weltbank zu Ernährungssicherung

Foto: FIAN Germany

Auf dem Treffen der G7 Entwicklungsminister:innen am 19. Mai in Berlin wurde eine „Globale Allianz für Ernährungssicherung“ ins Leben gerufen. Die Menschenrechtsorganisation FIAN kritisiert, dass mit der Initiative inhaltlich und institutionell ein veraltetes Agrarmodell fortgeschrieben wird, welches die notwendige Transformation unserer Ernährungssysteme blockiert.

„Die aktuelle Krise ist vornehmlich eine Krise der Abhängigkeiten. Abhängigkeiten von Energieimporten, Nahrungsmittelimporten oder auch dem Import von chemischen Düngern. Die Initiative von G7 und Weltbank setzt auf genau diese Abhängigkeiten, anstatt sie zu verringern“, so FIAN-Österreich Geschäftsleiter Lukas Schmidt. Die Weltbank hat im Zuge der Allianz angekündigt, insbesondere Mittel für mehr Energie und Kunstdünger bereitzustellen.

„Statt endlich vor allem diejenigen Lebensmittelproduzent:innen zu stärken, die agrarökologisch arbeiten und nicht von klimaschädlicher Energie und Dünger abhängig sind, zielt die Initiative darauf ab, die Abhängigkeiten zu erhalten oder sogar zu verstärken. Dieser Ansatz führt geradewegs in die nächste Verschärfung der chronischen Ernährungskrise“, ergänzt Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für Kleinbäuer:innenrechte und Klima. „Eine echte Transformation kann nur gelingen, wenn die ökologisch verheerenden Abhängigkeiten verringert und nicht weiter verschärft werden.“

Die Ausrichtung der Initiative kommt laut FIAN nicht überraschend, wurde sie doch von genau jenen Ländern und Institutionen ins Leben gerufen, die bereits seit 50 Jahren diesen dogmatischen Ansatz vorantreiben. Und das völlig erfolglos für die Welthungerbekämpfung, wie man daran sieht, dass derzeit 811 Millionen Menschen weltweit hungern. „Wir kritisieren, dass die G7 Entwicklungsminister:innen hier Parallelstrukturen präsentieren, anstatt sich für global koordinierte Antworten unter dem Dach des dafür mandatierten Welternährungsausschusses auszusprechen. So wird einmal mehr über die Köpfe der besonders betroffenen Menschen und Staaten entschieden, anstatt mit ihnen gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu finden“, erklärt Wirnsberger. „Das Menschenrecht auf Nahrung wird als völkerrechtliche Handlungsgrundlage durch die Umschiffung des Welternährungsausschusses ignoriert.“

Mit der Initiative sichern sich die reichen und mächtigen Staaten und Institutionen die Deutungshoheit über die aktuellen Probleme und stellen erneut – wie auch schon bei der Nahrungsmittelpreiskrise 2007/08 – die Interessen ihrer exportorientierten Agrarindustrien in den Vordergrund. Damals waren die großen Agrar- und Düngerkonzerne die klaren Gewinner der Krise.

Ein neuer Bericht von FIAN International, War in Ukraine: Recurring Food Crises Expose Systemic Fragility, zeigt auf, weshalb die internationalen Reaktionen auf diese wachsende Krise fehlerhaft sind und fordert Regierungen und die UNO auf, die strukturellen Ursachen anzugehen, die Hunger und Mangelnährung sowie Krieg schüren.

„Die Steigerung der industriellen Nahrungsmittelproduktion und die Aufrechterhaltung einer übermäßigen Abhängigkeit vom Welthandel werden diese Nahrungsmittelkrise nicht lösen. Leider war das bisher die wichtigste internationale Reaktion. Es ist an der Zeit, dass das Komitee der Vereinten Nationen für Welternährungssicherheit (CFS) eine globale politische Reaktion unter Anwendung eines Menschenrechtsansatzes koordiniert, um den Kurs zu ändern“, sagt FIAN-Generalsekretärin Sofia Monsalve.

 

Rückfragen: Tina Wirnsberger

 

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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