„Sozialhilfe Neu“ bringt gravierende Rückschritte bei sozialen Menschenrechten

"Sozialhilfe Neu“ höhlt menschenrechtliche Standards aus. FIAN Österreich setzt sich seit mehr als dreißig Jahren weltweit und in Österreich mit Menschenrechten gegen Armut und Hunger ein und ruft die Bundesregierung auf, den geplanten Gesetzesentwurf zur „Sozialhilfe Neu“ nicht umzusetzen.

Immer mehr Menschen werden sich absehbar „ihr Leben nicht mehr leisten können“. Ihr Menschenrecht auf einen angemessenen Lebensstandard wird verletzt. Gravierend ist auch die Auswirkung auf zukünftige Generationen durch die Beeinträchtigung der Gesundheit und die Beschneidung von Bildungschancen der Kinder in Armutshaushalten. Betroffen von der geplanten Gesetzesreform sind nicht nur gesellschaftliche Randgruppen wie strafrechtlich Verurteilte, subsidiär Schutzberechtigte und Asylwerber*innen, denen es schon jetzt verwehrt ist menschenwürdig zu leben und die aus der „Sozialhilfe Neu“ ausgeschlossen sein werden.

Mit der geplanten Reform werden auch Arbeiter*innen in prekären Jobs (Working poor), Menschen mit Behinderung und Pensionist*innen auf den Weg in die verfestigte Armut und Perspektivlosigkeit geschickt. Dies trifft verstärkt auf Frauen zu, die in Österreich noch immer die Hauptlast der unbezahlten Fürsorgearbeit für Kinder und zu pflegende Angehörige tragen.

Österreich ignoriert menschenrechtliche Verpflichtungen

„Österreich ist als Vertragsstaat des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte verpflichtet, die im Vertrag verbrieften Grundrechte wie Nahrung, Wohnen, Bildung, Gesundheit, gerechte Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln fortschreitend umzusetzen“, erläutert Simone Peter, Vorsitzende von FIAN Österreich.

Das Mindestsicherungsgesetz von Oberösterreich und Niederösterreich wurde 2018 aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Durch die geplante Reform soll nun eine bundesweite Angleichung erfolgen und die Mindestsicherung für alle Bundesländer nach unten nivelliert werden. „Damit werden menschenrechtliche Standards ausgehöhlt, das Lebensnotwendige wird großen Bevölkerungsgruppen verwehrt. Österreich gerät auch bei der Umsetzung von Kinderrechten, von Frauenrechten und bei den Rechten von Menschen mit Behinderung ins Hintertreffen“, bedauert Angelina Reif, internationale Delegierte und Juristin im FIAN-Vorstand.

Armutsnetzwerke der Bundesländer und die nationale Armutskonferenz, Zusammenschluss von zahlreichen Hilfsorganisationen, die die Auswirkungen einer verfehlten Sozial- und Wirtschaftspolitik schon jetzt abfangen, warnen, dass sich die geplante Reform durch zunehmende Kinderarmut auch auf kommende Generationen der österreichischen Bevölkerung auswirken wird.

Forderung nach Einbindung der Zivilgesellschaft und Armutsbetroffener in Neugestaltung

FIAN fordert deshalb die Bundesregierung auf, die Kritik und Stellungnahmen der Zivilgesellschaft aufzunehmen und das Gesetz unter Einbindung der von Armut Betroffenen, von Fachleuten aus der Praxis der sozialen Arbeit und von Menschenrechtsexpert*innen neu zu erarbeiten. Schon 2013 lautete eine Empfehlung des UN-Sozialausschusses an Österreich: „Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung den tatsächlichen Lebenshaltungskosten entspricht und diese allen Bedürftigen einheitlich und wirksam auf dem gesamten Gebiet des Vertragsstaates gewährleistet wird.“ Als Gastgeber der UN-Welt-Menschenrechtskonferenz von 1993, als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates und als Vertretung eines der reichsten Länder der Welt ist die österreichische Bundesregierung gefordert, anderen Ländern mit gutem Beispiel voranzugehen, die unterzeichneten Menschenrechtsverträge einzuhalten und den Empfehlungen der UN Monitoring-Gremien Folge zu leisten.

Der nächste Bericht an den UN-Sozialausschuss ist bereits überfällig. Die Prüfung wird mit Beteiligung der Zivilgesellschaft im November 2019 erfolgen.

Rückfragehinweis:
Lisa Sterzinger, Vorstandsmitglied FIAN Österreich, 0664 85 46 290, office@fian.at

 

Nepal: FIAN erstreitet Landrechte, Wasserzugang und Lohngerechtigkeit

Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.

UN-Sozialausschuss: Frauen im ländlichen Raum fordern Klimagerechtigkeit und ein Ende der Umweltzerstörung in Honduras

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