NEIN zur „Climate Smart Agriculture”

Über 350 Organisationen in Österreich und weltweit rufen zum Umdenken in der Landwirtschafts- und Klimapolitik auf

Wien, 23.9.2015 - Ein Jahr nach der Gründung der „Global Alliance for Climate Smart Agriculture” (GACSA) sprechen sich über 350 Organisationen aus aller Welt massiv gegen die Konzepte, die Programme und die Agenda der Allianz aus. In Österreich wird die Kritik von ÖBV-Via Campesina, Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FIAN Österreich, Südwind, Welthaus Graz und der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission unterstützt.

„Klimawandel ist eine der größten Bedrohungen weltweit. Die sogenannte Climate Smart Agriculture aber ist weder hilfreich für das Klima noch im Interesse der Bäuerinnen und Bauern“, warnt Elfriede Schachner, SÜDWIND-Geschäftsführerin. „Sogar Agrokonzerne, die synthetische Düngemittel vertreiben, industrielle Fleischindustrie und großflächigen Anbau von Monokulturen forcieren, nennen sich ‚climate smart‘, obwohl diese Praktiken den Klimawandel beschleunigen. Wir brauchen vielmehr dringend ein Umdenken weg von ´der agroindustriellen Produktion hin zur ökologischen Landwirtschaft und Ernährungssouveränität“, so Schachner weiter.

Das Konzept der „Climate Smart Agriculture“ (CSA) wurde 2010 von der FAO und GASCA als Möglichkeit der Ernährungssicherung in Zeiten des Klimawandels vorgestellt und beim Klimagipfel im September 2014 offiziell lanciert. Seitdem reißt die Kritik an den Plänen der Allianz nicht ab. So haben rund 70 WissenschaftlerInnen öffentlich das CSA-Modell kritisiert und gleichzeitig als Lösungsvorschlag Agrarökologie als Lösungsvorschlag gefordert.

Die Kritik an „Climate Smart Agriculture“ bezieht sich vor allem darauf, dass fragwürdige landwirtschaftliche Praktiken die landwirtschaftliche Systeme zerstören können, als Lösungen gegen den Klimawandel propagiert werden. Es gibt keine Kriterien, die besagen, was genau unter „smart“ verstanden wird. Agroindustrielle und weder sozial noch ökologisch nachhaltige Anbauformen werden als „climate smart“ deklariert. Weiters ist die GACSA nicht demokratisch legitimiert und ihre Entscheidungsstrukturen sind unklar.

Regierungschefs verhandeln im Dezember dieses Jahres im Rahmen des Weltklimagipfels in Paris (COP21) ein neues Klimaabkommen, das u.a. die Auswirkungen des Klimawandels eindämmen soll. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen fordern darum nachhaltige und wirksame Lösungen der Ernährungs- und Klimakrise. Agrarökologie soll darum ein Hauptpfeiler des neuen Abkommens sein. „Aus Sicht der Bäuerinnen und Bauern ist Agrarökologie die einzig zukunftsfähige Bewirtschaftungsweise, die zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen kann. Der nachhaltige Umgang mit Boden, Wasser, Biodiversität und Nutztieren, das Arbeiten in Kreisläufen und nicht zuletzt soziale Kriterien sind die wesentlichen Grundpfeiler dieses ganzheitlichen Konzeptes. „Climate Smart Agriculture“ erfüllt diese Kriterien nicht im geringsten und kann zur Verschärfung der Klimakrise beitragen“, so Ludwig Rumetshofer, Biobauer und Geschäftsleiter der ÖBV-Via Campesina Austria.

Die unterzeichnenden Organisationen sind besorgt, dass die Global Alliance oder auch andere „Climate Smart Agriculture“-Initiativen in die von Ban-Ki Moon initiierte Lösungsagenda aufgenommen und damit Teil des Abschlussdokuments des Weltklimagipfels im Dezember 2015 in Paris werden. Wir rufen daher Regierungen auf, „Climate Smart Agriculture“ weder als Lösungsansatz in Betracht zu ziehen, noch diese Programme mit finanziellen Mitteln auszustatten.

Heinz Hödl, Direktor des Weltdachverbandes CIDSE und Geschäftsführer der KOO warnt: „Die Legitimierung dieser Programme durch Regierungen stellt eine ernsthafte Bedrohung für Ernährungssicherheit, nachhaltige kleinbäuerliche Landwirtschaft dar und kann den Klimawandel noch verschärfen!“

„Entscheidungsträger auf nationaler und UN-Ebene müssen „Climate Smart Agriculture“ auch aufgrund menschenrechtlicher Bedenken ablehnen“, so Brigitte Reisenberger von FIAN Österreich. Es braucht eine radikale Transformation unseres Ernährungssystems weg vom industriellen Modell mit seinen Scheinlösungen für den Klimawandel hin zum Recht auf Nahrung und Ernährungssouveränität.

Komplettes zivilgesellschaftliches Statement: Don’t be fooled! Civil society says NO to “Climate Smart Agriculture” and urges decision-makers to support agroecology

Unterstützende Organisationen aus Österreich:

Faktencheck EU-Lieferkettengesetz

Vom "Bürokratiemonster", bis hin zum "Listen-Ansatz" und "Zertifizierungssystemen" – um das EU-Lieferkettengesetz vor der Abstimmung doch noch zu verhindern, wird versucht, die Öffentlichkeit mit irreführenden Argumenten zu beeinflussen. Das breite zivilgesellschaftliche Bündnis der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” setzt diesen Mythen einen umfassenden Faktencheck entgegen.

Gute Wertschöpfung auf kleinen Höfen!

Als Teil unseres COACH Projekts lernen wir gemeinsam mit Kleinbäuer:innen, Ernährungsräten und lokalen Strukturen der öffentlichen Verwaltung, wie wir nachhaltige Lebensmittelsysteme stärken und faire Agrar- und Lebensmittelketten durch innovative Methoden unterstützen können. Ende Februar organisierten wir ein Tagesseminar, in dem wir mit 50 Kleinbäuer:innen über Strategien sprachen, um kleine und mittelgroße Höfe so zu bewirtschaften, dass sie als Kleinbäuer:innen ein gutes Leben haben. Unsere Inputgeberin, Michaela Jancsy, erzählt im Interview wie sie ihren Gemüsebetrieb führt.

Das Recht auf Nahrung in Europa

Die Ernährungsunsicherheit und Armut nehmen weltweit zu. Auch in Europa. Nach Schätzungen von Eurostat waren 21,7% der EU-Bevölkerung im Jahr 2021 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Viele stellen sich u.a. die Frage: Heizen oder Essen? Die existierenden Maßnahmen und Programme kommen für viele zu kurz. Es ist essenziell, dass die Staaten den Zugang zu einer selbstbestimmten, angemessenen und ausreichenden Ernährung sichern.

Mikrofinanzkrise: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Mikrokredite entpuppen sich in Kambodscha seit Jahren als Schuldenfalle. Während sie europäischen Investoren Profite bringen, führen sie vor Ort zu Landverlust, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem hat der sogenannte „ethische“ Investor Oikocredit seine Investitionen in Kambodscha sogar noch erhöht. Drei NGOs legen daher nun Beschwerde gegen Oikocredit bei der OECD ein.

nach oben