Neues Infoblatt: Menschen vor Profite

Verbindliche Regeln für Konzerne weltweit

Zwischenstaatliche Handels- und Investitionsabkommen erleichtern Konzernen den Zugang zu Märkten und Rohstoffen und räumen ihnen mit einklagbaren Rechten besondere Privilegien ein. Für den Schutz der Menschenrechte bei weltweiten Unternehmensaktivitäten gibt es hingegen nur freiwillige Leitprinzipien, deren Anerkennung den Staaten wie global agierenden Unternehmen derzeit bloß „empfohlen“ wird. Bei Verstößen haben die Opfer praktisch keine Chance auf Entschädigung und Wiedergutmachung - die Unternehmen bleiben straflos. Das muss sich ändern! Menschenrechte müssen effektiv geschützt werden. Dafür braucht es ein verbindliches Abkommen, in dem die Weltgemeinschaft Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet.

Worum geht es bei dem UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte?

Menschenrechtsverletzungen durch große, international tätige Unternehmen stellen keine Ausnahme dar. Unternehmensgewinne speisen sich systematisch aus menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und niedrigen Umweltstandards. Bisher konnte sich die Staatengemeinschaft nur auf einen Empfehlungskatalog zur Vermeidung und Wiedergutmachung von Menschenrechtsverletzungen in Wirtschaftszusammenhängen einigen: die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Österreich hat diese – wie viele andere Staaten – nicht in nationales Recht umgesetzt. Die Pläne zur Umsetzung der Leitprinzipien sind weder für Staaten noch für Unternehmen bindend und zeigen daher kaum Wirkung. Wir setzen uns dafür ein, dass das derzeit verhandelte UN-Abkommen klare Regeln für alle Unternehmen weltweit schafft, die für die Vertragsparteien verbindlich sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Menschenrechte global geachtet werden. Im Falle von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen soll den Betroffenen effektiver Rechtsschutz gewährt werden. So könnten Konzernzentralen etwa auch für die Einhaltung der Menschenrechte durch ihre Tochterunternehmen und abhängigen Zulieferfirmen im Globalen Süden verantwortlich gemacht werden.

Warum brauchen wir ein verbindliches Abkommen?

Mehr als die Hälfte der britischen, französischen und deutschen börsennotierten Unternehmen wurden in den letzten Jahren
mit Menschenrechtsverletzungen und negativen Wirkungen auf die Umwelt in Verbindung gebracht, darunter Unterdrückung von gewerkschaftlicher Organisation, Einschüchterung und Gewaltandrohung von GewerkschafterInnen, Zusammenarbeit mit Privatarmeen, Kinderarbeit, ausbeuterische Löhne, unzureichende Sicherheits- und Arbeitsstandards. Auch österreichische Unternehmen beteiligen sich an hochproblematischen Projekten. Österreich wurde deshalb vom UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte explizit aufgefordert, die Auslandsaktivitäten österreichischer Unternehmen stärker zu regulieren und zu kontrollieren. Wenn ein ausländisches Tochterunternehmen gegen Menschenrechte verstößt, kann der Mutterkonzern in der Regel nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Betroffenen scheitern an den unterschiedlichen nationalen Standards, effektiven Durchsetzungsmechanismen und den nötigen Ressourcen, internationale Rechtsverfahren zu führen. Somit können sich transnationale Unternehmen ihrer Verantwortung entziehen. Diese Verantwortungs- und Gerechtigkeitslücke will das verbindliche UN-Abkommen weltweit schließen.

Was ist bisher geschehen?

Im September 2014 sprach sich der UN-Menschenrechtsrat mehrheitlich für die von Ecuador und Südafrika eingebrachte Resolution zur Erarbeitung eines Menschenrechtsabkommens zu „Verantwortlichkeiten transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte“ aus. Seitdem fanden in Genf vier Sitzungen der dafür eingesetzten zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe statt. Österreich hat sowohl gegen die Resolution gestimmt als auch die Teilnahme an der ersten Sitzung verweigert. Nach zivilgesellschaftlichem Druck nimmt Österreich nun an den Sitzungen teil, ist jedoch weiterhin – wie viele andere Staaten des Globalen Nordens – skeptisch gegenüber dem Abkommen. In der vierten Sitzung 2018 stellte der ecuadorianische Vorsitz einen ersten Entwurf des Vertragstextes vor. Dieser wird in der fünften Sitzung im Oktober 2019 weiter diskutiert. Frühere Anläufe für verbindliche Regelungen scheiterten am Widerstand der Wirtschaftslobbys. Ob es im aktuellen Prozess gelingt, dass sich die Staaten auf ein verbindliches Rechtsinstrument einigen, wird vom zivilgesellschaftlichen Druck weltweit auf die politischen EntscheidungsträgerInnen abhängen.

Was sollte das Abkommen konkret regeln?

Wir setzen uns dafür ein mit dem Abkommen

  • alle Staaten zu verpflichten, jene Konzerne, die in ihrem Land ihren Stammsitz haben, durch klare Gesetze zur Einhaltung der Menschenrechte zu verpflichten – auch bei ihren Auslandsgeschäften
  • sowie in ihren Tochterunternehmen und Lieferketten.
  • den Zugang zu effektiven Rechtsmitteln für Betroffene abzusichern, damit diese im Schadensfall ihre Rechte einklagen können, auch in jenem Staat, in dem der Konzern seinen Stammsitz hat;
  • festzulegen, wie Länder in grenzüberschreitenden Fällen zusammenarbeiten, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen;
  • festzuschreiben, dass das UN-Menschenrechtsabkommen generell Vorrang vor Handels- und Investitionsabkommen hat;
  • einen internationalen Mechanismus zu schaffen, der die Einhaltung des Abkommens überwacht.

Was kann ich tun?

  • Unterschreibe die Petition „Rechte für Menschen -
    Regeln für Konzerne“ auf www.nesove.at/petition
  • Informiere dein Umfeld – Familie, KollegInnen und FreundInnen – über diese Initiative und die Petition
  • Schaffe Bewusstsein für die Menschenrechtsverstöße durch Unternehmen und weise auf den Treaty-Prozess hin, z.B. auf öffentlichen Veranstaltungen oder in Medienbeiträgen
  • Poste in Sozialen Medien zum Thema und
    verwende die Hashtags #rules4corporations
    #BindingTreaty und #StopCorporateImpunity
  • Schreibe Abgeordneten und Außenministerin
    Kneissl dein Anliegen, dass sich Österreich
    konstruktiv in die Verhandlungen einbringt.
  • Informiere dich weiter unter:
    www.nesove.at, www.treatymovement.com
    und auf www.stopcorporateimpunity.org

Mehr Informationen zum Prozess findest du im gemeinsamen Flyer zum UN-Treaty der österreichischen Mitglieder der internationalen Treaty Allianz.

Faktencheck EU-Lieferkettengesetz

Vom "Bürokratiemonster", bis hin zum "Listen-Ansatz" und "Zertifizierungssystemen" – um das EU-Lieferkettengesetz vor der Abstimmung doch noch zu verhindern, wird versucht, die Öffentlichkeit mit irreführenden Argumenten zu beeinflussen. Das breite zivilgesellschaftliche Bündnis der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” setzt diesen Mythen einen umfassenden Faktencheck entgegen.

Konzerne müssen für Menschenrechts- und Umweltverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden

Transnationale Konzerne und Unternehmen, die Lieferketten kontrollieren, bleiben in der Regel straffrei, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, die oft mit Landraub und Umweltverschmutzung zusammenhängen. Am Montag, 24. Oktober, treffen sich Staaten eine Woche lang im UN-Menschenrechtsrat in Genf, um die langjährigen Verhandlungen über ein Abkommen fortzusetzen, das sie zur Verantwortung ziehen soll.

Petition "Menschenrechte brauchen Gesetze!"

Für den Schutz der Menschenrechte bei internationalen Unternehmenstätigkeiten gibt es bislang nur unverbindliche Leitprinzipien. Diese freiwilligen Vorgaben sind nicht ausreichend, denn trotzdem werden die Menschenrechte von vielen Millionen Kleinbäuer*innen und anderen im Ernährungssystem Beschäftigten, die in globalen Wertschöpfungsketten eingebunden sind, permanent verletzt. Es braucht verbindliche Regulierungen, um Verstöße gegen das Recht auf Nahrung zu verhindern oder Gerechtigkeit für Betroffene herzustellen. Ein Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Hunger und Mangelernährung und für die Umsetzung der UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten. 

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