Globales Landgrabbing verdeutlicht wachsende Ungleichheit und Reformbedarf

Die Aneignung riesiger Landflächen durch eine kleine Gruppe globaler, unternehmerischer Großgrundbesitzer fördert laut einem neuen Bericht die Ungleichheit und beschleunigt die Klimakrise. Der Bericht fordert eine Umverteilung von Land sowie globale Steuerreformen, um diesem gefährlichen Trend entgegenzuwirken.

Internationale Investoren und superreiche Konzerne kaufen großflächig Land im Globalen Süden auf – ein Vorgang, der die soziale Ungleichheit verschärft und Teil eines weltweiten Trends ist, bei dem Reichtum von armen und arbeitenden Menschen auf die Wohlhabendsten übergeht.

Der Bericht von FIAN International und Focus on the Global South mit dem Titel “Focus on the Global South, Lords of the Land: Transnational Landowners, Inequality and the Case for Redistribution ” wirft einen Blick auf die zehn größten transnationalen Landbesitzer der Welt – die gemeinsam 404.457 km² Land kontrollieren, eine Fläche so groß wie Japan.

Dies ist Teil eines weltweiten „Landrauschs“: Seit dem Jahr 2000 haben Konzerne und Finanzinvestoren schätzungsweise 65 Millionen Hektar  Land erworben – das entspricht der doppelten Fläche Deutschlands. Heute kontrollieren die größten 1 % der industriellen Großbetriebe rund 70 % des weltweiten Ackerlandes.

Zwangsumsiedlungen

Diese Entwicklung hat gravierende Auswirkungen auf die Ernährungssouveranität und bedroht die Lebensgrundlagen von 2,5 Milliarden Kleinbauern sowie 1,4 Milliarden der ärmsten Menschen weltweit, die auf Landwirtschaft zum Überleben angewiesen sind. Zudem führt sie zu Gewalt, Zwangsräumungen und Umweltzerstörung – und trägt erheblich zum Klimawandel bei.

Nahezu alle in dem Bericht genannten globalen Großgrundbesitzer sind in Berichte über Zwangsvertreibungen, Umweltzerstörung und Gewalt gegen lokale Gemeinschaften verwickelt.

Einer der Hauptakteure ist der US-amerikanische Pensionsfonds TIAA, der 61.000 Hektar inder brasilianischen Cerrado-Region erworben hat – einem der artenreichsten Gebiete der Welt. Dort wurden etwa die Hälfte der Flächen in Baumplantagen, großflächige agroindustrielle Monokulturen und Weideland für die Viehzucht umgewandelt – begleitet von Berichten über gewaltsame Landnahmen, Abholzung und Umweltzerstörung, die bereits spürbare Auswirkungen auf das Klima habenTIAA hat zwischen 2012 und 2023 seinen globalen Landbesitz fast vervierfacht – von 328.200 auf 1,2 Millionen Hektar.

Ungleichheit

Die Landkonzentration untergräbt staatliche Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung, da weit entfernte Unternehmen riesige Landflächen über verschiedene Rechtssysteme hinweg kontrollieren.

Die auf diesen Flächen betriebene industrielle Monokultur ist ein wesentlicher Faktor des Klimawandels, des Biodiversitätsverlusts und der Zerstörung von Ökosystemen – und steht gerechten Übergängen zu nachhaltigeren Ernährungs- und Wirtschaftsmodellen im Weg.

Diese Entwicklungen spiegeln einen breiteren globalen Trend wachsender Ungleichheit und Vermögenskonzentration wider. Seit Mitte der 1990er Jahre hat das reichste 1 % der Weltbevölkerung 38 % des gesamten neu geschaffenen Vermögens akkumuliert, während die ärmsten 50 % lediglich 2 % erhielten. Schätzungsweise 3,6 Milliarden Menschen – rund 44 % der Weltbevölkerung – leben heute von weniger als 6,85 US-Dollar pro Tag, unterhalb der Armutsgrenze.

Da Landgrabbing größtenteils durch globales Kapital und grenzüberschreitende Landakkumulation durch transnationale Konzerne und Finanzakteure vorangetrieben wird, ist internationale Zusammenarbeit unerlässlich. Die kommende Internationale Konferenz für Agrarreform und ländliche Entwicklung (ICARRD+20) in Kolumbien Anfang nächsten Jahres bietet eine entscheidende Gelegenheit für Regierungen, Maßnahmen gegen Landgrabbing zu vereinbaren, Landkonzentration rückgängig zu machen und eine gerechte und nachhaltige Verteilung natürlicher Ressourcen sicherzustellen.

In einer Welt, die mit sich überschneidenden Krisen konfrontiert ist – vom Klimakollaps über Ernährungskrisen bis hin zu tiefer Armut und sozialer Ungleichheit ist jetzt die Zeit, sich von neoliberalen Politiken zu verabschieden und eine gerechtere und nachhaltigere globale Zukunft für alle zu schaffen.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

Nepal: FIAN erstreitet Landrechte, Wasserzugang und Lohngerechtigkeit

Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.

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