FIAN zum Informellen EU-Agrarministerrat: „Weg mit eurer Agrarpolitik für Konzerne!“

Zivilgesellschaft schlägt Alarm und fordert demokratische Mitbestimmung. Anlässlich des Informellen Agrarministerrats in Schloss Hof (NÖ) am 25.9.2018 präsentiert die österreichischen Plattform „Wir haben es satt“ ein gemeinsames Forderungspapier zu Demokratischer Lebensmittelpolitik.

„Die Menschen haben eine Politik satt, von der Konzerne und Großgrundbesitzer*innen profitieren, die auf dem Rücken der Bäuerinnen, Bauern und Arbeiter*innen ausgetragen wird, die gegen die Interessen der Konsument*innen und auf Kosten der Umwelt, der Tiere, der Biodiversität, des Klimas und des fruchtbaren Bodens geht. Bodenversiegelung, Spekulation, die Konzentration von Land in den Händen weniger Großgrundbesitzer*innen oder Konzerne nehmen drastisch zu. `Landeliten´ werden im Rahmen der GAP aktiv durch öffentliche Gelder gefördert – unter anderem durch flächenbezogene Subventionen. Diese Agrarpolitik muss gestoppt werden!“, so Brigitte Reisenberger, Geschäftsleiterin von FIAN Österreich.

Schluss mit einer Agrarpolitik für Agrarkonzerne

Lebensmittelkonzerne und Supermarktketten verdienen sich eine goldene Nase und verstehen es dennoch, kaum Abgaben an den Staat zu leisten. Der Steuerwettbewerb zwingt Regierungen dazu, Unternehmenssteuern zu senken und Steuertricks zu erleichtern. Besonders die Großbetriebe profitieren von den Agrarförderungen und heizen das Wachsen und Weichen weiter an. „Die Macht von Agrar- und Lebensmittelkonzernen muss eingeschränkt werden. Menschenrechtlich verbindliche Regeln für sind hierfür unbedingt notwendig. Es ist nicht zu erwarten, dass die Entscheidungsträger*innen in Europa die notwendigen Weichenstellungen von selbst vornehmen werden. Es ist möglich, wenn Sie es nur wollen, aber dafür braucht es Druck durch die Zivilgesellschaft. - Kurzum: wir alle sind gefragt! Die notwendige Agrarwende läuten wir gemeinsam ein!“, so Elisabeth Sterzinger, Vorstandsmitglied von FIAN Österreich.

Gegenwärtig sprechen Politiker*innen von einer notwendigen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Um Antworten auf globale Probleme wie Hunger, Klimakrise, Landraub und Höfesterben zu finden, ist jedoch ein grundlegender Wandel nötig! Die Grundlage dafür ist die Erkenntnis, dass es bei der Landwirtschaft um weit mehr als nur Agrarpolitik geht und diese nicht alleinige Aufgabe der Landwirtschaftsministerien sein darf. Es geht um die Grundlage unserer Gesundheit und unseres Lebens - unsere Lebensmittel! Deshalb brauchen wir eine Lebensmittelpolitik, die sich am Recht auf Nahrung und am Recht auf Gesundheit orientiert.

Forderungspapier: Demokratische Lebensmittelpolitik

Die Plattform „Wir haben es satt“ präsentiert heute ein gemeinsames Papier, in dem die Grundzüge für eine Demokratische Lebensmittelpolitik als Kompass dieser Neuausrichtung dargelegt wird: „Wir brauchen eine Demokratische Lebensmittelpolitik statt einer Agrarpolitik für wenige Großgrundbesitzer, den Handel und die Agrarindustrie. Derzeit werden die wichtigsten Entscheidungen einigen wenigen Akteur*innen überlassen. Wenn es so weitergeht, werden wir die Krisen bei Klima, Biodiversität, Höfesterben, Umweltverschmutzung, Hunger und den Weltmärkten immer weiter verschärfen. Eine Lebensmittelpolitik stellt die Auswirkungen auf Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter*innen, Umwelt, Gesundheit, Menschenrechte und unsere Lebensgrundlagen (Land, Wasser, Saatgut) ins Zentrum. All das ist direkt davon betroffen, wie unsere Lebensmittel produziert, verteilt und konsumiert werden. Deshalb geht es um die demokratische Gestaltung unseres Lebensmittelsystems. Diese Politik ermöglicht Ernährungssouveränität. Wirkliche Lösungen auf die Herausforderungen und gesellschaftlich wünschenswerte Ziele können nur mit einer Umorientierung erreicht werden, die Menschenrechte und die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung ins Zentrum stellt.“

Im Zentrum: Recht auf Nahrung und Ernährungssouveränität

„Das Menschenrecht auf Nahrung, die Rechte von Erntehelfer*innen, Ernährungssouveränität und die aktuell auf UN-Ebene verhandelten Rechte von Kleinbauern- und -bäuerinnen stehen in einer Demokratischen Lebensmittelpolitik im Zentrum", so Brigitte Reisenberger, von FIAN Österreich abschließend.

Die Trägerinnen der „Wir haben es satt!“ -Plattform sind: ÖBV-Via Campesina Austria, IG-Milch, FIAN Österreich, Südwind, Attac Österreich, Welthaus Graz-Seckau, GLOBAL 2000, Greenpeace, Grüne Bauern und Bäuerinnen, Sezonieri – Kampagne für die Rechte von Erntehelfer_innen in Österreich, www.wir-haben-es-satt.at

Forderungspapier „Demokratische Lebensmittelpolitik – wir schaffen ein gutes Leben für alle!“

Indien: Kleinbäuer:innen in Odisha weiterhin von Vertreibung und Umweltzerstörung bedroht

Seit 2005 protestiert die Landbevölkerung im Bezirk Jagatsinghpur (Bundestaat Odisha) gegen Umweltzerstörung und die unrechtmäßige Aneignung ihres Landes. Dort sollen Industrieanlagen und Infrastruktur – darunter Stahl- und Zementwerke, ein Kraftwerk und ein Hafen – errichtet werden. FIAN Österreich rief in Zusammenarbeit mit FIAN International im März 2022 zu einer Briefaktion auf, um mehr als 40.000 Kleinbäuer*innen, Landarbeiter*innen und Fischer*innen vor dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen zu schützen. Zu Jahresbeginn berichtet der Sprecher der Bewegung von Polizeirepression, gewaltsamen Übergriffen und zunehmenden Festnahmen und erneuert dringend die Forderungen.

Das Recht auf Nahrung in Europa

Die Ernährungsunsicherheit und Armut nehmen weltweit zu. Auch in Europa. Nach Schätzungen von Eurostat waren 21,7% der EU-Bevölkerung im Jahr 2021 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Viele stellen sich u.a. die Frage: Heizen oder Essen? Die existierenden Maßnahmen und Programme kommen für viele zu kurz. Es ist essenziell, dass die Staaten den Zugang zu einer selbstbestimmten, angemessenen und ausreichenden Ernährung sichern.

Mikrofinanzkrise: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Mikrokredite entpuppen sich in Kambodscha seit Jahren als Schuldenfalle. Während sie europäischen Investoren Profite bringen, führen sie vor Ort zu Landverlust, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem hat der sogenannte „ethische“ Investor Oikocredit seine Investitionen in Kambodscha sogar noch erhöht. Drei NGOs legen daher nun Beschwerde gegen Oikocredit bei der OECD ein.

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