COP27: Ernährungssystem in Händen der Agrarindustrie befeuert Klimakrise

Mehr als doppelt so viele Lobbyist*innen der Agrar- und Lebensmittelindustrie als im Vorjahr auf der UN-Klimakonferenz. Kleinbäuer*innen fordern agrarökologische Wende ein.

Erstmals widmete die UN-Klimakonferenz einen ganzen Tag der Landwirtschaft und Ernährung. Worauf Stimmen für die Rechte von Kleinbäuer*innen seit vielen Jahren hinweisen, erkannten die Staaten damit endlich an: Das industrielle Ernährungssystem trägt wesentlich zur Klimakrise bei. Zwar schaffte es die Diskussion in Scharm El-Sheich endlich auf die Agenda, sie wurde jedoch dominiert von Agrar- und Lebensmittelindustrie, die für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichnen. Die Zahl der registrierten Vertreter*innen des Agribusiness auf der Klimakonferenz hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt – auf mindestens 160 Personen.

Im Food System Pavillon auf der COP27 setzten große Agrar- und Lebensmittelkonzerne wie Bayer und Nestlé eine Agenda für mehr Geld, um die industrielle Landwirtschaft "climate-smart" zu machen, und nutzten den Agrar-Tag als Gelegenheit für ihr Greenwashing. Schlagwörter wie "climate-smart" und "nature-based", auf welche die Agrarindustrie setzt, sind unklar definiert und lassen viel Raum zur Fortschreibung von Profitinteressen, die Umweltzerstörung, Landraub und Menschenrechtsverletzungen mit sich bringen, unter einem grünen Mäntelchen.

Zu den großen Handelsverbänden, die sich für die Teilnahme an der Klimakonferenz angemeldet haben, gehört auch CropLife International, der die größten Agrochemie-Unternehmen vertritt: BASF, Bayer Crop Science, Corteva Agriscience, FMC und Syngenta. Sie erzielen mehr als ein Drittel ihres Umsatzes mit hochgefährlichen Pestiziden, die für die menschliche Gesundheit und die Umwelt am schädlichsten sind und entlang ihres gesamten Zyklus Treibhausgase ausstoßen. CropLife betreibt Lobbyarbeit im Namen dieser Großunternehmen und gewinnt auch zunehmend Einfluss bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die die Absicht erklärt hat, eine Partnerschaft mit dem Verband zu formalisieren.

„Solange Ernährungssysteme in die Hände der Agrarkonzerne gelegt werden, halten sie die Klimakrise nicht auf, sondern befeuern sie. Es braucht verbindliche Regeln, um ihre Einflussnahme zu unterbinden. Echte und erprobte Lösungen, um unsere Ernährung resilient und klimaschonend zu machen, liegen bei jenen, die die Welt ernähren: Kleinbäuer*innen, Fischer*innen, Landarbeiter*innen, indigene Gemeinschaften. Sie müssen mit ihrer Forderung nach einer agrarökologischen Wende in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt werden“, so Tina Wirnsberger, Klima-Referentin bei FIAN Österreich.

FIAN setzt sich als Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung, die Kämpfe kleiner Lebensmittelproduzent*innen und Indigener, die Regulierung von Konzernen und ein gerechtes und nachhaltiges Ernährungssystem ein.

Rückfragen: Tina Wirnsberger

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

Nepal: FIAN erstreitet Landrechte, Wasserzugang und Lohngerechtigkeit

Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.

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