Neue Publikation: Kleinbäuerliches Saatgut für Klimaresilienz
Publikation "Kleinbäuerliches Saatgut für Klimaresilienz" erklärt Wechselwirkung zwischen Industrie-Saatgut der großen Agrarchemie-Komzerne und der Klimakrise auf und zeigt Lösungen durch das Recht auf Saatgut auf.
Saatgut bildet die Basis unserer Ernährungssysteme und ist ein zentrales Gemeingut, das über Jahrhunderte von bäuerlichen Gemeinschaften entwickelt und gepflegt wurde. Diese Systeme stehen jedoch zunehmend unter Druck durch restriktive rechtliche Rahmenbedingungen, die von Industrieländern und großen Saatgutunternehmen geprägt sind. Völkerrechtlich ist das Recht auf Saatgut etwa im Internationalen Saatgutvertrag (ITPGRFA), der UN-Kleinbäuer:innenerklärung (UNDROP) sowie dem Übereinkommen über biologische Vielfalt (CBD) zwar verankert, dennoch bleibt die Umsetzung in vielen Ländern unzureichend. Als zentraler Bestandteil der Transformation zu klimagerechten und resilienten Ernährungssystemen müssen kleinbäuerliche Saatgutsysteme geschützt werden!
Traditionelle Saatgutsysteme bewahren Biodiversität
Laut FAO sind bereits 75 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen verloren gegangen, was die Resilienz von Ökosystemen enorm gefährdet. Der Verlust an Artenvielfalt wird durch die industrielle Landwirtschaft verstärkt, die auf wenige uniforme Sorten setzt. „Die Biodiversität landwirtschaftlicher Ökosysteme hängt eng mit den Praktiken und dem Wissen von Kleinbäuer:innen zusamen“, so Tina Wirnsberger, Referentin für Kleinbäuerliche Rechte und Klimagerechtigkeit bei FIAN Österreich. Traditionelle Saatgutsysteme bewahren im Gegensatz zu Industrie-Saatgut die genetische Vielfalt durch lokale Saatgutbanken, Gemeinschaftsprojekte und den ständigen Austausch von Wissen und Saatgut. „Bäuerliche Saatgutsysteme, die auf kollektiver Wissensweitergabe beruhen, tragen so entscheidend zur Bewahrung der Vielfalt und zur Ernährungssouveränität bei.“
Klimabelastung durch Industrie- und Hybridsaatgut
Nur vier Agrarchemieunternehmen – Bayer-Monsanto, DowDuPont/Corteva, ChemChina-Syngenta und BASF – kontrollieren mehr als die Hälfte des weltweiten Saatgutmarktes und zugleich drei Viertel des weltweiten Pestizidmarktes. Ihr kommerzielles Hybridsaatgut kann nicht eigenständig vermehrt werden und erfordert intensive synthetische Inputs wie Düngemittel und Pestizide. Deren Einsatz führt zu erheblichen Treibhausgasemissionen, einer Verschlechterung der Böden und einer Kontaminierung von Wasserressourcen. Die Abhängigkeit von kommerziellem Saatgut und den dafür notwendigen externen Inputs macht Landwirt:innen zudem anfällig für Marktschwankungen und verstärkt die Marginalisierung kleiner Betriebe. Der dadurch vorangetriebene Verlust an lokal angepasstem Saatgut führt gleichzeitig zu einer höheren Gefährdung durch Klimaextreme.
Mit dem Recht auf Saatgut zu Klimagerechtigkeit
Die Klimakrise beschleunigt den Biodiversitätsverlust durch Extremwetterereignisse, veränderte Niederschlagsmuster und steigende Temperaturen. Dadurch werden landwirtschaftliche Ökosysteme immer anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Wissenschaftliche Berichte zeigen, dass die Erträge von Grundnahrungsmitteln wie Reis, Mais und Weizen bis 2050 um bis zu 30 % sinken könnten, wenn keine klimaresilienten Sorten entwickelt und verbreitet werden. „Das Recht auf Saatgut, wie es in Artikel 19 der UNDROP definiert ist, bietet eine Lösung für diese Herausforderungen“, so Wirnsberger. „Es schützt das Wissen und die Praktiken von Kleinbäuer:innen, welche über Jahrhunderte widerstandsfähige und vielfältige Sorten entwickelt haben.“
Die Herausforderungen, die sich aus dem Zusammenhang zwischen Biodisversität, Klimakrise und dem Recht auf Nahrung ergeben, erfordern einen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft. Staaten und internationale Institutionen müssen Maßnahmen ergreifen, um traditionelle Saatgutsysteme und das Wissen der Kleinbäuer:innen zu schützen. Denn diese bilden die Grundlage für nachhaltige Ernährungssysteme und die Bekämpfung der Klimakrise!
„Kleinbäuerliches Saatgut für Klimaresilienz“ ist eine Publikation der Reihe „Recht auf Nahrung & Klimagerechtigkeit“ im Rahmen des durch die Austrian Development Agency geförderten Projekts „Menschenrechte für Klimagerechtigkeit“.
Download: Kleinbäuerliches Saatgut für Klimaresilienz
Rückfragen: Tina Wirnsberger