Aufruf für Soziale Rechte

Europatag der EU

Am heutigen Europatag, dem Jahrestag der historischen Schuman-Erklärung, werden Frieden und Einheit in Europa gefeiert. Der Gedenktag wurde vor 34 Jahren initiiert, um im Sinne eines "Europa der Bürger" die europäischen Werte und eine kollektive Identität zu stärken. Doch nach einem Jahrzehnt der Wirtschaftskrise und einer strengen Sparpolitik stellt sich die Frage, wo dieses "Europa der Bürger" heute steht.

Hochrangige Juristinnen und Juristen, darunter ehemalige Verfassungsrichter, Mitglieder des European Committee of Social Rights sowie vom UN-Sozialausschuss, veröffentlichen hierzu heute einen Aufruf an die Europäische Union. Hierin heißt es, dass „die Zeit des ‚vor sich hinwurstelns‘ vorbei ist, in der es für das Gedeihen unseres europäischen Schicksals genügt, blind einer starken Wirtschaftsunion zu vertrauen". Für die Wahrung der Legitimität des Projektes Europa sei es notwendig, dass soziale Rechte wie das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Wohnen oder das Recht auf Nahrung nicht einer "Steuerdisziplin" zum Opfer fallen.

Der Handlungsaufruf bekräftigt die Ergebnisse des Berichts „Democracy Not For Sale”, der vom Transnationale Institut, FIAN International und Agroecopolis veröffentlicht wurde und der die Auswirkungen der Sparpolitik auf das Recht auf Nahrung in Griechenland untersucht – ein Symbol für die Auswirkungen der europäischen Wirtschaftsführung. In dem Bericht wurden für die Jahre nach der Wirtschaftskrise folgende Beobachtungen gemacht:

  • die Ernährungsunsicherheit verdoppelte sich von 7% im Jahr 2008 auf über 14% im Jahr 2016;
  • der Anteil der Haushalte mit Kindern, die sich nicht jeden Tag eine eiweißreiche Mahlzeit leisten können, hat sich ebenso verdoppelt, von 4,7% im Jahr 2009 auf 8,9% im Jahr 2014;
  • die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe ist deutlich gestiegen; 2016 waren allein in der Region Attika mehr als 200 Suppenküchen, Lebensmittelausgabestellen und Wohltätigkeitsorganisationen tätig.

Die Veröffentlichung einer griechischen Version des Berichts in dieser Woche bietet europäischen Politikerinnen und Politikern die Chance, sich der Öffentlichkeit gegenüber nachdrücklich für eine Priorisierung sozialer Rechte in der kommenden EU-Legislaturperiode einzusetzen.

Olivier De Schutter, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und einer der Unterzeichner des Aufrufs, betont, dass sich „Europa nicht durch Bescheidenheit und niedrige Ambitionen auszeichnen sollte. Stattdessen sollte es die Messlatte hoch anlegen und mithilfe sozialer Rechte den Wohlstand fördern und den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft stärken. Unser Aufruf verlangt nicht nach weniger Europa sondern fordert ein Europa, das visionär und stolz auf seine Gründungswerte ist".

Der Aufruf im vollen Wortlaut

Liste der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

Prof. Olivier De Schutter (UCLouvain), Mitglied des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialausschuss)

Prof. Csilla Kollonay Lehoczky (Central European University), ehemaliges Mitglied des European Committee of Social Rights (2001-2012)

Prof. Zdzislaw Kedzia (WSB Breslau, UAM Poznan), Mitglied (ehemaliger Vorsitzender) des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Präsident des „Global Campus of Human Rights“ (Venedig)

Prof. Gerard Quinn, Wallenberg Lehrstuhl (Raoul Wallenberg Institute) & Universität Leeds, ehemaliger Erster Vizepräsident des European Committee of Social Rights

Professor Colm O'Cinneide (University College London), ehemaliger Vizepräsident des European Committee of Social Rights

Prof. Ana Maria Guerra Martins (Universität Lissabon), ehemalige Richterin am portugiesischen Verfassungsgericht

Prof. Niklas Bruun (Hanken School of Economics, Helsinki und Universität Stockholm), ehemaliges Mitglied des ILO-Ausschusses für Vereinigungsfreiheit (CFA) und des UN-Frauenrechtsausschusses

Prof. Filip Dorssemont, UCLouvain (Uclouvain-Vrije Universiteit Brussel)

Prof. Mélanie Schmitt, Senior-Dozentin, Universität Straßburg

Prof. Margot E. Salomon, Außerordentliche Professorin für Rechtswissenschaften, The London School of Economics

Aoife Nolan, Professorin für internationales Menschenrechtsrecht, Universität Nottingham

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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