Verpflichtende Regeln für Konzerne? UN-Verhandlungen auf gutem Weg – Österreich hält sich bedeckt
Menschenrechte müssen über Handels- und Investitionsabkommen gestellt werden
Von 23. bis 27. Oktober fand in Genf die dritte Verhandlungsrunde über ein verbindliches UN-Abkommen zur Verantwortung von Konzernen statt. (1) Teil der Vorschläge ist es, dass Konzerne in dem Land, wo sie ihren Hauptsitz haben, für Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern zur Rechenschaft gezogen werden können. Dieser Vorschlag wird von rund 700 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus 95 Ländern unterstützt. Ein solches Abkommen bietet eine historische Chance. Menschen brauchen verbindliche einklagbare Rechte, um sich wirksam gegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörungen von Konzernen zu schützen. Die derzeitigen Möglichkeiten dafür sind unverbindlich und reichen nicht aus.
Erster Vertragsentwurf für 2018 anvisiert - Österreich bringt sich nicht ein
Die internationale Zivilgesellschaft bewertet die Verhandlungen in Genf positiv. Trotz des Boykotts der USA wird die Menschenrechtsgruppe ihre Arbeit fortsetzen, bis ein Vertrag ausgehandelt ist. Es wird erwartet, dass bis zur vierten Sitzung im Jahr 2018 ein konkreter Entwurfstext des verbindlichen Abkommens vorgelegt wird. (2) Dieser Erfolg ist das Ergebnis des politischen Druck von sozialen Bewegungen, NGOs und jenen Gemeinschaften, die von Menschenrechtsverletzungen transnationaler Konzerne betroffen sind. (3) Mehr als 100 Staaten und über 200 VertreterInnen von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen waren in Genf anwesend.
FIAN kritisiert jedoch, dass sich Österreich in Genf überhaupt nicht im Sinne der Menschenrechte in die Verhandlungen eingebracht oder zu Wort gemeldet hat – und das obwohl ein breites Bündnis an österreichischen Organisationen und 1700 Menschen via Petition im Vorfeld genau das gefordert hatten. (4)
EU will Einbahnstraße für Konzerninteressen
Kritik übt FIAN auch an dem von der EU angestrebten multilateralen Handelsgerichtshof für Konzernklagen gegen Staaten (MIC). Im Gegensatz zum UN-Vorschlag will die EU eine Einbahnstraße für die Durchsetzung von Konzerninteressen. Mit ihrem Ziel, ein einseitiges Rechtsinstrument für Konzerne zu schaffen ohne ihnen gleichzeitig Pflichten aufzuerlegen, untergräbt die EU die UN-Verhandlungen. Vor allem muss sichergestellt werden, dass Menschenrechte in Konfliktfällen über Handels- und Investitionsabkommen gestellt werden.
(1) Der UN-Menschenrechtsrat hat im Juni 2014 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein verbindliches Abkommen zur Regulierung transnationaler Konzerne (Treaty on transnational corporations and other business enterprises, kurz: TNC-Treaty) erarbeiten soll. Mehr Infos.
(2) Die von Ecuador vorgeschlagenen Vertragselemente bleiben bis Ende Februar 2018 für weitere Stellungnahmen offen. Sie bilden zusammen mit den Ergebnissen der Tagungen 2015 und 2016 die Grundlage für die Erarbeitung des Vertragsentwurfs für die vierte Tagung der Arbeitsgruppe im Jahr 2018.
Entscheidend für den Zugang zu Recht und Entschädigung für Betroffene ist die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit. Diskutiert wurde in Genf auch einen internationalen Gerichtshof einzurichten, vor dem Klagen gegen transnationale Unternehmen vorgebracht werden können. Denn für Geschädigte ist es oftmals schwierig, in den Ländern vor Gericht zu gehen, wo die Menschenrechtsverletzungen auftreten. Einige Delegierte, insbesondere aus Mexiko und Russland, beharrten auf ihren Vorbehalten zu diesem Thema. Auch der Vertreter der EU zweifelte an der Möglichkeit, auf internationaler Ebene eine strafrechtliche Haftung für Unternehmen einzuführen. Schließlich habe sich die internationale Staatengemeinschaft bereits bei der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs gegen eine solche Anwendung entschieden. Er betonte aber, dass der Zugang zu Recht verbessert werden müsse.
(3) Globalen Kampagne
(4) darunter AG Globale Verantwortung, Attac Österreich, Brot für die Welt, Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA), FIAN Österreich, Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), der ÖGB, die AK Wien, die ÖBV-Via Campesina Austria und Südwind. Petition unterschreiben.