Reality-Check zur EU-Wahl: Wer macht Politik für Konzerne?

Analyse der Handelsabstimmungen zeigt: ÖVP und NEOS geschlossen auf Seite der Konzerne

Knapp eine Woche vor der EU-Wahl veröffentlichen die Plattform „Anders Handeln“ und die „Treaty Alliance Österreich“ einen „Reality-Check“, der zeigt wie die österreichischen EU-Abgeordneten bei Handels- und Investitionsabkommen abgestimmt haben. Konkret geht es um die Abkommen mit Kanada (CETA), Japan (JEFTA), Singapur (EU-SIPA und EU-SFTA), die Wirtschaftsabkommen mit zahlreichen afrikanischen Staaten sowie die EU-Verordnung zum Handel mit Mineralien, die in Konfliktgebieten gefördert werden.

„In den vergangenen fünf Jahren haben die EU-Kommission und viele EU-Regierungen Handelsabkommen vorangetrieben, welche die Interessen von Konzernen und Superreichen vor die Interessen von Menschen und Umwelt stellen. Unser Reality-Check zeigt, auf welcher Seite die EU-Abgeordneten dabei stehen und welche Interessen sie vertreten“, erklären die Organisationen.

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ÖVP und NEOS auf Seite der Konzerne

Die Abgeordneten von ÖVP und die NEOS haben geschlossen für die oben genannten Handels- und Investitionsabkommen gestimmt. Damit stellen sie sich klar auf die Seite der Konzerne, welche durch diese Abkommen die Möglichkeit bekommen, Gesetze zu beeinflussen und Staaten zu verklagen, wenn diese gegen ihre Interessen handeln. Als es bei der Regulierung von Konfliktrohstoffen die Chance gab, Konzerne in die Schranken zu weisen um Menschenrechte zu schützen, enthielten sich die ÖVP-Abgeordneten geschlossen ihrer Stimme. Angelika Mlinar stimmte dafür.

SPÖ und Grüne auf der Seite der Menschen und der Umwelt

Die SPÖ und die Grünen haben geschlossen gegen die oben genannten Handels- und Investitionsabkommen gestimmt. Damit haben sich die Abgeordneten auf die Seite der Menschen und der Umwelt gestellt. Diese Haltung haben SPÖ und Grüne auch in ihrem Ja zur Regulierung von Konfliktrohstoffen bestätigt, welche den blutigen Kriegen und der Umweltverwüstung, die hinter den Bestandteilen unserer Laptops, Autos und Smartphones stecken, ein Ende bereiten soll.

FPÖ: Wirtschaftsinteressen dominieren

Die EU-Abgeordneten der FPÖ haben CETA im Februar 2017 abgelehnt. Im Österreichischen Parlament hingegen haben die Nationalräte der FPÖ für CETA gestimmt. Im Februar 2019 haben die EU-Abgeordneten der FPÖ EU-SFTA zugestimmt und sich bei EU-SIPA der Stimme enthalten. Seit die FPÖ in der Regierung ist, sind sie nun für diese Abkommen und stellen sich auch auf die Seite der Konzerne. Auch mit ihrer geschlossenen Ablehnung der Regulierung von Konfliktrohstoffen zeigen sie: Wirtschaftsinteressen sind den FPÖ-Abgeordneten wichtiger als Menschenrechte.

Bereits 560.000 Menschen fordern: Rechte für Menschen, Regeln für Konzerne – Stopp ISDS

Die Plattform „Anders Handeln“ ist Teil der europaweiten Kampagne „Rechte für Menschen, Regeln für Konzerne – Stopp ISDS“. Dabei fordern bereits mehr als 560.000 Menschen die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Sonderklagerechte für Konzerne grundsätzlich abzuschaffen sowie verbindliche Regeln einzuführen, mit denen Konzerne weltweit für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden können. „Statt einer Paralleljustiz für Konzerne verlangen wir internationale Regeln, die sicherstellen, dass Konzerne für Verstöße gegen ArbeitnehmerInnen- und Menschenrechte haftbar gemacht werden können. Das kann zum Beispiel durch Sanktionen im Rahmen von Handelsabkommen oder durch das UN- Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten erfolgen“, erklärt die Plattform.

www.anders-handeln.at/petition

 

Hintergrundinformationen

Die Plattform Anders Handeln wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.

Die Treaty Alliance Österreich ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die sich für ein verbindliches UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte einsetzen: AG Globale Verantwortung, Arbeiterkammer Wien, Attac, Brot für die Welt, Dreikönigsaktion, FIAN, ÖGB, Gewerkschaft PRO-GE, Netzwerk Soziale Verantwortung, Südwind. Informationen dazu hier

Details zu den Abkommen und den Abstimmungsergebnissen

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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