Gute Wertschöpfung auf kleinen Höfen!

Als Teil unseres COACH Projekts lernen wir gemeinsam mit Kleinbäuer:innen, Ernährungsräten und lokalen Strukturen der öffentlichen Verwaltung, wie wir nachhaltige Lebensmittelsysteme stärken und faire Agrar- und Lebensmittelketten durch innovative Methoden unterstützen können. Ende Februar organisierten wir ein Tagesseminar, in dem wir mit 50 Kleinbäuer:innen über Strategien sprachen, um kleine und mittelgroße Höfe so zu bewirtschaften, dass sie als Kleinbäuer:innen ein gutes Leben haben. Unsere Inputgeberin, Michaela Jancsy, erzählt im Interview wie sie ihren Gemüsebetrieb führt.

Foto: Almgrün

Gemeinsam mit einer Freundin gründete Michaela Jancsy vor 8 Jahren einen Biogemüsebetrieb im Almtal in Oberösterreich. Beide hatten davor nicht in der Landwirtschaft gearbeitet. Heute sind sie im Vollerwerb und betreuen die solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) „Almgrün“ mit 80 Ernteteiler:innen.

Wie habt ihr dieses Projekt begonnen?

Wir waren schon in der Ernährungssouveränität-Szene als Konsumentinnen aktiv und haben 2016 beschlossen, selbst mit etwas Kleinem anzufangen und zu schauen, wie es läuft. Als Erstes haben wir 1 Hektar Land in unserer Gegend gesucht, was nicht so leicht war, weil das meiste schon verpachtet ist. Fast nach einem Jahr Suche haben wir durch Zufall bei „Grüne Erde“ angefragt, die in der Gegend ein neues Gebäude errichtet haben und Platz hatten. Das hat dann sehr gut funktioniert und wir haben einen Pachtvertrag abgeschlossen.

Wie finanziert man den Start eines kleinen Gemüsehofs?

Für den Anfang haben wir etwa 50 bis 60.000 Euro investiert. Im Gemüseanbau konnten wir mit relativ niedrigen Investitionskosten starten, weil wir keinen Stall o.Ä. gebraucht haben. Wir haben aber nebenbei auch gearbeitet und dann noch ein Crowdfunding organisiert und beim Nachhaltigkeitswettbewerb mitgemacht. Es war beides viel Arbeit, aber auch toll, um die SoLaWi bekannter zu machen. Förderungen gibt es, aber für einen kleinen Hof und als Quereinsteiger waren die bürokratischen Hürden zu groß. Ein paar Stiftungen gibt es auch, die waren damals aber noch sehr neu.

Ein Quereinstieg ist sicher nicht leicht. Habt ihr Kooperationen mit anderen Höfen, um den Wissensaustausch zu fördern, oder wie eignet man sich am besten die Kenntnisse an?

Wir waren einer der ersten Betriebe in Österreich, die nach dem Konzept des Market Gardening mit kleinstrukturiertem Gemüseanbau begonnen haben, und waren mit verschiedenen Fragen konfrontiert. „Woher bekomme ich bestimmte Handgeräte?“, zum Beispiel. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit anderen Betrieben sind uns sehr wichtig, um uns gegenseitig zu stärken, anstatt auf Konkurrenz zu gehen. Wir haben in OÖ einen Gemüsestammtisch, wo sich kleine Gemüsebetriebe einmal im Jahr treffen. Wir sind aber auch regelmäßig im Austausch, wenn jemand was zu verkaufen hat oder für Tipps.

Was waren anfangs die Herausforderungen?

Im ländlichen Raum war es nicht so leicht, die Menschen für die SoLaWi zu begeistern, weil das Konzept unbekannt ist, und viele selber einen Garten haben. Mittlerweile haben wir auch in Gmunden eine Abholstation, weil dort mehr Leute sind, die nicht selbst Gemüse anbauen können. Es ist auch wichtig, dass den Menschen bewusst ist, dass sie dann einmal die Woche kommen und dann dieses Essen verkochen müssen. Positiv ist aber, dass manche schon im achten Jahr mit dabei sind. Für die Leute, die das kennen, geht es dann auch nicht mehr anders als mit einem solidarischen System.

Was baut ihr in eurem Hektar alles an?

Wir haben 40 bis 50 Gemüsekulturen und über 200 Sorten. Wir haben wirklich alles, von A wie Asia Salat bis Z wie Zuckerschote – mittlerweile sogar auch Erdäpfel. Wir bauen sehr unterschiedliche Sachen an, auch wenn es mehr Aufwand ist. Wir wollen eine möglichst reichhaltige und bunte Gemüsevielfalt bieten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, und es macht uns einfach viel Spaß. Es ist aber auch wegen unvorhersehbaren Wetterereignissen wichtig, Verschiedenes anzupflanzen, da du dann mehr Chancen hast, dass etwas überlebt.

Wie wird eure Ernte über die SoLaWi verteilt und wie ist die Preisbildung?

Über die SoLaWi haben wir 80 Ernteteiler:innen. Dieses Jahr haben wir eine Bandbreite für die Ernteteiler:innen zwischen 21 und 26 Euro. Dafür bekommt man Gemüse für zwei Personen für eine Woche. Wir legen unsere Finanzen total offen, und die Ernteteiler:innen sehen unseren Lohn, Kosten für Versicherung, Saatgut, usw. Das ist wichtig, damit die Leute auch verstehen, wie ihre Beiträge genutzt werden – zum Beispiel ab wann wir uns auch ein 13. Monatsgehalt zahlen können. Wir schreiben auch dazu, dass wir ab 23 Euro kostendeckend sind. Gleichzeitig haben wir diese Bandbreite, weil wir wissen, dass es bei manchen Leuten durch die Teuerung eng ist, und wir möchten, dass sie trotzdem dabeibleiben können.

Warum habt ihr euch für das Modell der solidarischen Landwirtschaft entschlossen?

Durch unsere Mitglieder wird eine Abnahme der Lebensmittel über einen Zeitraum zu einem fixen Preis garantiert. Wir haben dadurch eine absolute Sicherheit. Außerdem wird durch diese Planung nichts verschwendet, weil wir nicht überproduzieren. Und es ist so wichtig, dass wir alle mehr miteinander im Austausch sind, um zu lernen und zu sehen, wie wertvoll unsere Lebensmittel sind. Es kommen viele Menschen, die uns helfen, und wir sehen auch wie gut es ihnen tut, wieder mit dem Boden zu arbeiten und in der Natur zu sein. Auch wenn es harte Arbeit ist. Und dafür brauchst du auch so eine Art von Landwirtschaft.

Im Foto sieht man, dass eure Arbeit auch dem Boden und der Natur so viel Positives bringt. Was hat sich durch eure Art von Landwirtschaft verändert?

Wir haben mehrere kleine Beete über einem Areal verteilt und dazwischen Heckenstreifen und Büsche angelegt und auch Flächen, wo es Blumen gibt und wo das Gras höher wachst. Ich nenne es die Ökosystem- oder Biodiversitätsfläche. Die Fläche wurde davor als konventioneller Acker genutzt und es war gar nichts dort. Es ist verrückt, wie schnell sich das Ökosystem regeneriert hat. Mittlerweile sind der Milan und der Falke dort, wir haben Erdkröten und Eidechsen. Es wäre nicht so leicht, dass die im Acker leben, wenn es da nicht Flächen gäbe, wo sie Lebensraum finden. Das ist total wichtig.


Was würdest du gerne anderen Personen, die einen Hof gründen wollen, mitgeben?

Für die Suche nach einem Hof oder einer Fläche würde ich raten, auch unkonventionelle Wege mitzudenken. Zum Beispiel bei der Gemeinde zu fragen, ob sie Flächen haben. Auch Vernetzungsmöglichkeiten zu suchen mit anderen Betrieben, um voneinander zu lernen und sich zu stärken. Oder auch zu schauen, was es in anderen Ländern an SoLaWis gibt. Es gibt verschiedenste Betriebszweige wie Milch und Fleisch und verschiedene Websites mit Informationen [siehe unten]. Auch die Ernteteiler:innen mehr einbeziehen und Aufgaben übernehmen lassen, wie z.B. Werbung machen. Das stärkt das Engagement für die Landwirtschaft und die eigene SoLaWi.

SoLaWi Algrün Almgrün - Biogemüse aus solidarischer Landwirtschaft - almgruen.at

Infos zu allen SoLaWis in Österreich: SoLaWi Leben – IG Solidarische Landwirtschaft - https://solawi.life/

Handbuch „Solidarische Landwirtschaft gründen und gestalten“: https://www.solidarische-landwirtschaft.org/solawis-aufbauen/handbuch

International: Home - Urgenci - https://urgenci.net/

Das Interview führte Elisa Klein Díaz, Projektreferentin bei FIAN. Der Text ist in unserem FOOD FIRST Magazin 1/2023 erschienen.

 

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