Abschied von einem großen Menschenrechtsverteidiger

Ralf Leonhard, langjähriges Vorstandsmitglied von FIAN Österreich ist nicht mehr.

Foto: FIAN

Er verunglückte am Morgen des 21. Mai tödlich als er den Hund seiner hochaltrigen Mutter aus der Hochwasser führenden Traisen retten wollte.

Ich lernte Ralf Leonhard 1999 im Café Museum kennen. Er war nach 20 Jahren Auslandsaufenthalt in Nikaragua mit seiner zweiten kolumbianischen Frau nach Wien zurückgekehrt.

Vermutlich über Vermittlung von Südwind war er zur Jahresversammlung der damals noch sehr kleinen österreichischen FIAN Sektion gestoßen – bereit als Vorstandsmitglied beim Aufbau des Vereins und der Bekanntmachung des Rechts auf Nahrung und des WSK Pakts in Österreich mitzuhelfen. Mit ihm gelang es, das Sekretariat in Untermiete bei Südwind von Oberösterreich nach Wien zu holen. FIAN Österreich erhielt die ersten öffentlichen Fördermittel in Folge des 50. Jahrestages der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Zeit war reif, die vergessene Hälfte der Menschenrechte, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, verbrieft in der gleichnamigen UN Konvention auf die politische Agenda zu bringen – international und in der österreichischen Entwicklungspolitik.

Ralf wurde spontan in den Vorstand gewählt, ohne dass wir seine intellektuellen und journalistischen Kapazitäten damals schon abschätzen konnten. Unser junges Team profitierte von seiner brillianten Intelligenz, seiner politischen Schlauheit und seinem meisterhaften Schreibhandwerk.

Auch von FIAN International wurde er immer wieder für Recherchereisen angefragt, besonders in jene Länder, die ihm zu einer zweiten Heimat geworden waren. Seine profunden landeskundlichen Kenntnisse in Nikaragua, Kolumbien und weiteren zentralamerikanischen Ländern, seine politischen und Medienkontakte waren ein wertvoller Beitrag für die menschenrechtliche Fallarbeit von FIAN. Die auf seinen Recherchereisen generierten Fakten waren wichtig, um Forderungen an politische Entscheidungsträger zu entwickeln. Recherchereisen verband er zumeist mit dem Besuch bei Freuden oder er brachte von einer Urlaubsreise eine Reportage und neue Kontakte mit.

Ralf schrieb für die Berliner Taz, für die Furche, für das Südwindmagazin und produzierte Reportagen für die Ö1 Sendung Journal Panorama, oftmals brachte er die menschenrechtlichen Anliegen von FIAN unter. Bis heute war er Mitglied der IGLA (Informationsgruppe Lateinamerika) und Mitherausgeber der Lateinamerika anders Nachrichten – ein lebenslanges Herzensprojekt von ihm.

Er war nie verlegen, einen Beitrag für unser FoodFirst Magazin zu verfassen und redaktionelle Verantwortung für unterschiedlichste FIAN Publikationen zu übernehmen. Ralf fand sich in jeder Rolle zurecht: als Moderator einer Veranstaltung, Leiter einer Podiumsdiskussion, Begleiter und Dolmetscher einer Auslandsdelegation. Oftmals war er Gastgeber für Menschenrechtsaktivist*innen und Besucher*innen von FIAN International für deren Unterbringung das Projektbudget nicht reichte. Ralf kritisierte nicht, er äußerte seine Meinung, wenn er darum gebeten wurde. Wir um einige Jahre jüngere Kolleg*innen lernten durch sein Beispiel und seine Zutrauen.

Auf der Reise nach Norwegen zu einer Ratsversammlung von FIAN International lernte ich Ralf als strapazierfähigen und rücksichtsvollen Reisebegleiter kennen. Als Absolvent der diplomatischen Akademie bewegte er sich auf dem internationalen Parkett wie ein Fisch im Wasser. Das gab mir viel Sicherheit und ich lernte von ihm.

Sein ausgleichendes Naturell half uns bei stürmischen Auseinandersetzungen im FIAN Vorstand, sein feiner Humor war tröstlich in einer verfahrenen Situation.

Er hatte ein großes Herz für seine Familie und seine Freund*innen. Er ließ nicht zu, dass seine zweite Frau Estrella als graduierte Psychologin sich aufgrund des restriktiven österreichischen Arbeits- und Anerkennungsrechts als Hilfskraft verdingen musste. Er sorgte für seine beiden Kinder aus erster Ehe, die in Wien berufstätig und sesshaft werden wollten und schließlich Familie gründeten. Auch seiner kolumbianischen Stieftochter half er in Wien Fuß zu fassen. Vor wenigen Jahren wurde er Großvater und Stiefgroßvater.

Mit Estrella unternahm er oft Fahrten aufs Land zu seinen hochaltrigen Eltern. Gerne waren die beiden in der Natur unterwegs. Auch bei einem Wiener Heurigen konnte man Ralf treffen.

Ralfs Haltung war klar und unmissverständlich auf der Seite der Schwachen. Er interessierte sich stets für die Auswirkungen der großen Politik auf das Leben der kleinen und einfachen Menschen. Durch sein Schreiben gelang es ihm, die Schicksale von Kleinbauern, Landlosen, Gewerkschafter*innen und weitere in der globalisierten Wirtschaft entrechteter Gruppen ins Bewusstsein der interessierten Öffentlichkeit zu bringen.

Seine journalistische Arbeit strebte danach, ihren Anliegen Öffentlichkeit und Gehör zu verschaffen. Voll Schaffenskraft war er in den letzten Vorbereitungen für eine Reise nach Kolumbien und Peru um ein Buchprojekt zu verwirklichen. Diesen Plan umzusetzen war ihm nicht mehr vergönnt.

Mit Ralf Leonhard ist ein wichtiger Mitstreiter für das Recht auf Nahrung und Förderer der österreichischen FIAN Sektion von uns gegangen!

So abenteuerlich und im Einsatz für die Schwachen, wie er gelebt hat, ist er auch gestorben.

Descanse en paz, amigo!

 

Autorinnen: Lisa Sterzinger und Gertrude Klaffenböck im Namen aller FIANkolleg*innen.

"Die Agrarreform bleibt ein unerfülltes Versprechen"

Die vorherrschende Meinung sieht drei Hauptgründe für die anhaltenden Ernährungsprobleme: die Covid-Pandemie, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Klimawandel. Joseph Purugganan hingegen bezeichnet die globale Ernährungskrise als Folge der industriellen Landwirtschaft. Purugganan koordiniert das Philippinen-Programm von Focus on the Global South. Die Organisation ist eng verbunden mit sozialen Bewegungen in Asien und entwickelt Konzepte für einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandel.

Oikocredit: Mediation über Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor ohne Einigung

Am 24.1. scheiterte die Mediation zwischen des drei NGOs und Oikocredit. Die Mediation war nach einer OECD-Beschwerde bei der niederländischen Nationalen Kontaktstelle (NKS) im Dezember 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor eingeleitet worden. Die drei NGOs FIAN Deutschland, Euqitable Cambodia und LICADHO haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. 

Sri Lanka-Nahrungskrise und Sparprogramme

Eine der jüngsten und zugleich sehr aktiven FIAN-Sektionen befindet sich in Sri Lanka. Das südasiatische Land wurde im vergangenen Jahr von einer schweren Wirtschaftskrise erschüttert, mit verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Viele Haushalte haben sich verschuldet, um die steigenden Preise für Lebensmittel, Medikamente und Kraftstoffe zahlen zu können. FIAN Sri Lanka setzt sich für die Rechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, Bäuerinnen und Bauern sowie Fischer:innen ein und kooperiert hierbei auch mit Behörden. Sabine Pabst (FIAN International) sprach mit dem Geschäftsführer Thilak Karyawasam und dem Vorstandsvorsitzenden Sathivel Visvalingam.

FIAN-Partner fördern Agrarökologie

Die indonesische Bauerngewerkschaft SPI unterstützt ihre Mitglieder bei der Umstellung auf Agrarökologie. Die steigenden Preise für Düngemittel und Pestizide machen diesen Schritt für mehr und mehr Landwirte attraktiv. FIAN Deutschland-Referent Mathias Pfeifer und FIAN Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes besuchten zwei Schulungszentren, in denen der ökologische Anbau, die Eigenproduktion von Düngemitteln sowie Vertriebskonzepte vermittelt werden. Dank hoher Erträge können die Bäuerinnen und Bauern selbst auf kleinsten Parzellen erfolgreich wirtschaften.  

 

Recherchereise in Indonesien: Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerk auf der Insel Flores

Anfang März besuchte der FIAN Deutschland-Südostasienreferent indigene Gemeinden auf der Insel Flores. Diese sind von negativen Auswirkungen eines Geothermie-Kraftwerks betroffen, darunter Landkonflikte, Ernteeinbrüche sowie erhöhte Gefahr von Erdrutschen. Das von der deutschen KfW Entwicklungsbank finanzierte Kraftwerk soll nun nochmals erweitert und vergrößert werden. Die indigenen Gemeinden lehnen dies entschieden ab. Ihr Widerstand gegen das Projekt wird mit Einschüchterung und Polizeigewalt beantwortet.

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