NGOs bringen menschenrechtliche Defizite Österreichs vor den UN-Sozialausschuss

Staatenprüfung Österreichs in Genf Genf/Wien 20.11.2013 - VertreterInnen des WSK-Rechte Forums nützen die Gelegenheit der Staatenprüfung Österreichs am 20. November vor dem UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, um sich Unterstützung für ihre Anliegen von höchster Stelle zu holen. Auch im Bereich internationaler Wirtschaftsbeziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit hat Österreich menschenrechtliche Verpflichtungen

Elisabeth Sterzinger von FIAN Österreich wies auf die steigende Anzahl von Menschen hin, die auf Nahrungsmittelhilfe durch Hilfsorganisationen angewiesen sind. Allein im Großraum Wien waren das im Jahr 2012  regelmäßig 12.000 Menschen.

Martin Mair von der Organisation „Aktive Arbeitslose” zeigte auf, wie Sanktionen im System des Arbeitsmarktservice (AMS) und der bedarfsorientierten Mindestsicherung Menschen an den Rand ihrer Existenz bringen. Die Sanktionen des AMS in Form von 4-8 wöchigen Bezugsstopps sind bis 2010 auf 405 pro 1.000 KlientInnen gestiegen. Ihre Verhängung beruht auf der mehr oder weniger willkürlichen Einschätzung der „Arbeitswilligkeit” von KlientInnen seitens der AMS-Beamten. NotstandshilfebezieherInnen sind dadurch gezwungen jede Art von Arbeit, unabhängig von ihrer Qualifikation, anzunehmen. Das Recht auf frei gewählte Arbeit wird dadurch ausgehöhlt.

„Die bedarfsorientierte Mindestsicherung muss dringend reformiert werden, denn die Höhe von 795 Euro liegt weit unter der Armutsschwelle von 1.066 Euro monatlich und reicht für die Betroffenen einfach nicht, um ihr Recht auf einen angemessenen Lebensstandard einschließlich Nahrung, Wohnung, Kleidung zu sichern“, erklärte Gabriele Skokan von der Organisation „Sichtbar bleiben”.

Die noch weit niedrigere Grundversorgung von AsylwerberInnen und ihr praktisch nicht vorhandener Zugang zum Arbeitsmarkt sind aus menschenrechtlicher Sicht nicht länger zu halten, so sind sich die VertreterInnen des WSK-Rechte Forums einig.

Die wachsende Zahl der Obdachlosen verweist ebenfalls auf Versäumnisse der Regierung bei der Umsetzung des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard hin. Im Jahr 2012 wurden 4.936 Delogierungen durchgeführt. 14.808 Menschen (bei einer Haushaltsgröße von durchschnittlich 3 Personen) wurden dadurch obdachlos. Schon fast 20% der österreichischen Bevölkerung sind laut EU-Statistiken über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) durch überhöhte Wohnkosten belastet. Gesetzliche Mietobergrenzen gibt es bis heute nicht.

Bei internationalen Wirtschaftsunternehmungen österreichischer Banken und Firmen, wie zum Beispiel Staudammbauten oder großflächigen Agrotreibstoffprojekten, verlieren Menschen immer wieder ihr Land und ihre Lebensgrundlagen. „Auch in diesen Fällen muss Österreich seinen Verpflichtungen nachkommen und AkteurInnen für diese Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen”, so Gertrude Klaffenböck von FIAN Österreich.

Die Ergebnisse der Staatenprüfung in Form von Empfehlungen des UN-Komitees für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte  an die Regierung sind im Jänner 2014 zu erwarten.

 

20.11.2013 - ab 10:00 Uhr: Prüfung des österreichischen Staatenberichts
Livestream: www.treatybodywebcast.org

Parallelbericht: Als zivilgesellschaftliche Gegendarstellung zum Regierungsbericht hat das WSK-Rechte Forum einen Schattenbericht erstellt.

Kontaktpersonen:
NGO-Delegation in Genf: Elisabeth Sterzinger lisa.sterzinger@aon.at 0043 664 85 46 290
Generelle Rückfragen: Brigitte Reisenberger brigitte.reisenberger@fian.at 0043 699 18 33 00 33

*  Das WSK-Rechte Forum ist ein Zusammenschluss von nicht-staatlichen Organisationen zum Zwecke der Ausarbeitung eines Schattenberichts zum 5. Regierungsbericht an das UN-WSK-Komitee. Die darin vertretenen Organisationen sind: Aktive Arbeitslose, AUGE Alternative und Grüne GewerkschafterInnen, Asylkoordination, Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohnungslosenhilfe (BAWO), FIAN Österreich, Frauen:Rechte jetzt! NGO Forum CEDAW in Österreich, Netzwerk Kinderrechte Österreich, Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Österreichische Armutskonferenz, Österreichischer Berufsverband der SozialarbeiterInnen (OBDS), Österreichische HochschülerInnenschaft, Orientexpress Frauenberatungsstelle, Sichtbar bleiben – Selbstorganisation von Armutsbetroffenen

Das Recht auf Nahrung in Europa

Die Ernährungsunsicherheit und Armut nehmen weltweit zu. Auch in Europa. Nach Schätzungen von Eurostat waren 21,7% der EU-Bevölkerung im Jahr 2021 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Viele stellen sich u.a. die Frage: Heizen oder Essen? Die existierenden Maßnahmen und Programme kommen für viele zu kurz. Es ist essenziell, dass die Staaten den Zugang zu einer selbstbestimmten, angemessenen und ausreichenden Ernährung sichern.

Mikrofinanzkrise: OECD-Beschwerde gegen Oikocredit

Mikrokredite entpuppen sich in Kambodscha seit Jahren als Schuldenfalle. Während sie europäischen Investoren Profite bringen, führen sie vor Ort zu Landverlust, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem hat der sogenannte „ethische“ Investor Oikocredit seine Investitionen in Kambodscha sogar noch erhöht. Drei NGOs legen daher nun Beschwerde gegen Oikocredit bei der OECD ein.

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