Gefährliche Allianzen – Wer profitiert von Mangelernährung?

Partnerschaften zwischen Regierungen, UN-Organisationen und Großkonzernen geben vor, Mangelernährung global bekämpfen zu wollen. Als Lösung propagieren sie die Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Nährstoffen - oftmals mit Hilfe von Gentechnik. In der Praxis dienen diese Allianzen den Konzernen, um neue Anbauflächen und Märkte zu erschließen. Mangelernährung wird dadurch nicht bekämpft, sondern verstärkt. Im Folgenden listet FIAN die prominentesten dieser umstrittenen Allianzen auf.

NAFSN - New Alliance for Food Security and Nutrition

Die „Neue Allianz für Ernährungsssicherheit und Nahrung“ wurde im Mai 2012 unter Federführung des G8 Gipfels gegründet. Ziel ist die Bekämpfung der Armut durch Investitionen in die Landwirtschaft und “Public Private Partnerships” (Allianzen zwischen Regierungen und Konzernen). Die Maßnahmen beinhalten erleichterten Zugang zu Land für multinationale Konzerne, die Förderung von zertifiziertem Saatgut (gentechnisch verändertes Saatgut, Hybridsamen) sowie Steuerreformen, um private Investitionen in die Landwirtschaft zu erleichtern. Partner_innen inkludieren AGRA, SUN, die Afrikanische Entwicklungsbank, die Weltbank, die Kommission der Afrikanischen Union und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Weiters haben Unternehmen wie Nestlé, DuPont, Heineken Ethiopia, Monsanto und Cargill ihren Willen ausgedrückt, in den afrikanischen Mitgliedsländern der New Alliance zu investieren.

SUN - Scaling up Nutrition

SUN entstand 2009 mit dem Ziel eine Welt ohne Hunger und Mangelernährung durch die Anreicherung von Nahrung zu erreichen. Als Instrument dafür sollen ‚Public Private Partnerships‘ dienen. Die Einbindung von UN, internationalen NGOs, Konzernen, Forschungseinrichtungen und Stiftungen, garantieren „Multistakeholder Platforms“. Das Sekretariat ist beim ‚Standing Commitee on Nutrition‘ der UN angesiedelt. SUN lobbyiert im Globalen Süden für unternehmerfreundliche Gesetze. Insbesondere dafür, die Anreicherung von bestimmten Nahrungsmitteln gesetzlich zu verankern. Breite Unterstützung findet SUN etwa bei UNICEF, dem Welternährungsprogramm, der EU, der Weltbank, sowie den europäischen und US-amerikanischen Entwicklungsagenturen.

AGRA - Allianz für eine grüne Revolution in Afrika

AGRA entstand 2006 durch eine Partnerschaft zwischen der Rockefeller Foundation und der Bill & Melinda Gates Foundation nach der Aufforderung des früheren UN Generalsekretärs Kofi Annan die Produktivität von Kleinbäuer_innen in Afrika zu steigern und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Kofi Annan war einige Jahre Vorsitzender von AGRA. Heute wird AGRA nicht nur durch die genannten Stiftungen unterstützt, sondern auch vom britischen Entwicklungsministerium und der Weltbank. AGRA wirbt mit dem Ziel Armut und Hunger durch Investitionen in die Landwirtschaft zu reduzieren. Insbesondere soll die Produktivität und das Einkommen der lokalen Bäuer_innen durch verändertes Saatgut (insbesondere Hybrid-Samen) und Düngemittel erhöht werden. Umgesetzt werden soll das Ziel durch Partnerschaften zwischen Bäuer_innnen, Agro-Konzernen, Regierungen, Zivilgesellschaft und NGOs.

GAIN - Global Alliance for Improved Nutrition

GAIN wurde 2002 bei einer Sondersitzung zu Kindern der UN-Generalversammlung gegründet. Laut GAIN sei die Lösung für Hunger- und Mangelernährung die Effektivität und Effizienz der Marktwirtschaft zu steigern mit Hilfe von „Public Private Partnerships“. GAINs Programme fokussieren auf die Anreicherung von Grundnahrungsmitteln (wie Öl, Reis, Mehl, Zucker, Salz) und Säuglingsnahrung mit Vitaminen und Mineralien. GAIN hat eine Plattform für Unternehmen initiiert, der unter anderem BASF, Cargill, Unilever, Tetra Pak und Coca-Cola angehören. Finanziert wird GAIN von der Bill & Melinda Gates Foundation, der US-amerikanischen, irischen und britischen Entwicklungshilfeagentur, sowie den Niederlanden. Im Vorstand finden sich Mitglieder von Entwicklungsbanken, Stiftungen und UNICEF.

FFI - Food Fortification Initiative

Erste Bestrebungen Mehl anzureichern gab es bereits 2002 bei einem Forum auf Mauritius. 2003 wurde die „Flour Fortification Initiative“ (Mehlanreicherungsinitiative) mit US-amerikanischen und kanadischen Wurzeln gegründet, welche 2014 in „Food Fortifcation Initiative“ (Nahrungsmittelanreicherungsinitiative) umbenannt wurde. Zu ihren Partner_innen zählen unter anderem: Weltbank, Welternährungsprogramm, UNICEF, Weltgesundheitsorganisation, World Vision, BASF und Cargill. FFI unterstützt Staaten bei der Planung und Umsetzung von Anreicherungsmaßnahmen von Grundnahrungsmitteln. Zudem empfiehlt sie Gesetze zu schaffen, die eine verbindliche Anreicherung vorsehen.

MI - Micronutrient Initiative

MI wurde 1992 auf Initiative der kanadischen Regierung vom kanadischen Forschungscenter für Internationale Entwicklung gegründet. MI setzt sich besonders für folgende Anliegen ein: Die Anreicherung von Salz mit Iod, die Verteilung von Spurenelementen in Pulverform, die Anreicherung von Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl mit Vitamin A und Eisen sowie die Herstellung und Verteilung von Nahrungsergänzungsmitteln. Zu den Partner_innen zählen die Vereinten Nationen, das Welternährungsprogramm, UNICEF, die Weltbank, die asiatische Entwicklungsbank, GAIN, die US-amerikanische Entwicklungsagentur und die Weltgesundheitsorganisation.

Mehr zum Thema in unserem Artikel "Vitamine aus dem Labor? – Das Geschäft mit der Mangelernährung"

Faktencheck EU-Lieferkettengesetz

Vom "Bürokratiemonster", bis hin zum "Listen-Ansatz" und "Zertifizierungssystemen" – um das EU-Lieferkettengesetz vor der Abstimmung doch noch zu verhindern, wird versucht, die Öffentlichkeit mit irreführenden Argumenten zu beeinflussen. Das breite zivilgesellschaftliche Bündnis der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” setzt diesen Mythen einen umfassenden Faktencheck entgegen.

Konzerne müssen für Menschenrechts- und Umweltverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden

Transnationale Konzerne und Unternehmen, die Lieferketten kontrollieren, bleiben in der Regel straffrei, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, die oft mit Landraub und Umweltverschmutzung zusammenhängen. Am Montag, 24. Oktober, treffen sich Staaten eine Woche lang im UN-Menschenrechtsrat in Genf, um die langjährigen Verhandlungen über ein Abkommen fortzusetzen, das sie zur Verantwortung ziehen soll.

Petition "Menschenrechte brauchen Gesetze!"

Für den Schutz der Menschenrechte bei internationalen Unternehmenstätigkeiten gibt es bislang nur unverbindliche Leitprinzipien. Diese freiwilligen Vorgaben sind nicht ausreichend, denn trotzdem werden die Menschenrechte von vielen Millionen Kleinbäuer*innen und anderen im Ernährungssystem Beschäftigten, die in globalen Wertschöpfungsketten eingebunden sind, permanent verletzt. Es braucht verbindliche Regulierungen, um Verstöße gegen das Recht auf Nahrung zu verhindern oder Gerechtigkeit für Betroffene herzustellen. Ein Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Hunger und Mangelernährung und für die Umsetzung der UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten. 

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